Im normalen Leben arbeitet er als Rechtsanwalt für Lufttransport-, Familien- und Erbrecht. Im Ehrenamt ist er Geschäftsführer der Kölner EhrenGarde. Im LTO-Interview erklärt Wilhelm Stoffel, wieso er Jugendliche in anderen Karnevalsvereinen bedauert, warum er nach zwei Kölsch manchmal zu platt zum Feiern ist und wie man Jürgen Rüttgers duzt, ohne dem Kölner Klüngel zu verfallen.
LTO: Für viele Menschen außerhalb der Karnevalshochburgen sind der Karneval, die Züge, Garden und Funken bestenfalls ein großes Rätsel. Herr Stoffel, Sie sind Rechtsanwalt, reiten und engagieren sich im Beirat der AIDS-Hilfe Köln. Haben Sie noch immer nicht genug zu tun? Können Sie als Kölner den Menschen da draußen nahe bringen, warum Sie außerdem noch seit 1977 Mitglied des Aktiven Korps der Kölner EhrenGarde sind?
Stoffel (lacht): Das hat bei mir, wie es so häufig ist, schon familiäre Gründe. Über meine Patentante und deren Mann, meinen Onkel, der Prinzenführer war und auch meinen Vater bin ich zum Karneval gekommen – schon als Kind stand dabei für mich außer Frage, dass es die EhrenGarde werden muss, wenn ich Karneval mache.
Ein Schlüsselerlebnis war ein Rosenmontagszug in meiner Kindheit. Ich stand am Kölner Ring, wo all die Gruppen aufziehen. Und als die EhrenGarde kam, habe ich gesagt, "da will ich auch mal hin". Das Mariechen hat mich damals so nett angelacht – deren Mann übrigens viel später einer meiner Vorgänger als Geschäftsführer war.
"Ein überalterter Verein hat keine Zukunft"
LTO: Und wann ging es dann los?
Stoffel: Den ersten Zug habe ich nach einigen Verzögerungen aus privaten Gründen dann 1974 mitgemacht, drei Jahre, bevor ich eigentlich Mitglied wurde. Geritten bin ich als 16-Jähriger dann erstmals 1976, seit 1977 bin ich Mitglied des aktiven Korps.
LTO: Was man wie wird?
Stoffel: Als ich als Jugendlicher in der EhrenGarde anfing, war das Thema Jugendarbeit noch nicht so hoch oben auf der Agenda. Die EhrenGarde war ein ziemlich überalterter Verein und ich der Erste, der damals so jung da mitgemacht hat. Später kamen dann Klassenkameraden dazu, Söhne von Ehrengardisten und so weiter … und so entstand mit der Zeit das so genannte Kadettencorps.
Heute ist das völlig anders. Mit 16 kann man Mitglied der EhrenGarde werden, hat dann eine zweijährige Hospitanz zu absolvieren und wird dann mit 18 Jahren Voll-Mitglied. Bei diesem Thema war die EhrenGarde auch durchaus in einer Vorreiterrolle. Ich bedauere Jugendliche, die sich für andere Vereine interessieren und dort auf starke Vorbehalte treffen – auch wenn sich das schon deutlich entspannt hat. Ein überalterter Verein hat eben schlicht keine Zukunft, das wissen auch die anderen.
"Mit meiner Mütze könnte ich auch als Discokugel auftreten"
LTO: Zweijährige Hospitanz, Kadettenkorps und Sie sind mittlerweile Generalmajor der EhrenGarde. Das klingt alles irgendwie nach Militär. Läuft es tatsächlich so ab?
Stoffel: Das kann man durchaus vergleichen. Es gibt Hierarchien, zu denen wir auch stehen. Die Uniform der EhrenGarde ist allerdings stark egalitär – egal ob man Fähnrich ist oder Marschall wie der Präsident. Bei Generälen sieht man das schon, da gehört man zu den so genannten Goldfasanen. Mit meiner Korpsmütze könnte ich, wenn ich mal arbeitslos wäre oder keine Mandate mehr bekomme, locker als Discokugel auftreten, wenn ich mich schnell genug drehe.
Durch die frühe Einstiegsmöglichkeit haben wir Kameraden, die mit Mitte oder Ende Vierzig ihre karnevalistischen Karrieremöglichkeiten beendet haben. Etwas despektierlich ausgedrückt: Normalsterbliche Ehrengardisten können bis zum Obristen befördert werden und dann ist Schluss. Um den nächsten Schritt zum General zu machen, muss man schon ein Spitzenamt haben oder 50 Jahre Mitglied sein.
"Dienstgrade kann man sich erarbeiten, nicht erkaufen"
LTO: Kann man denn bei den Dienstgraden oder sonstigem irgendwie nachhelfen?
Stoffel: Man kann sich seine Dienstgrade bei der EhrenGarde erarbeiten, aber nicht erkaufen, darauf legen wir großen Wert. Natürlich hat ein Gebilde wie die EhrenGarde einen enormen Kostenapparat und natürlich gab es Leute, die mit hohen damals noch D-Mark-Beträgen versucht haben, sich in irgendwelche Ämter einzukaufen. Dem hat der Vorstand damals einen Riegel vorgeschoben, der seitdem auch nie mehr gelockert wurde. Und das ist sehr gut so!
Anders als vielleicht in anderen Korps-Gesellschaften versuchen wir ganz stark, die Leute nach ihren Meriten zu ehren. Wer sich keine Meriten erwirbt, wird nicht befördert. Es gibt Leute, die seit zehn Jahren auf ihre nächste Beförderung warten.
Der Geschäftsführer der Kölner EhrenGarde: . In: Legal Tribune Online, 11.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8130 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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