Der Große Senat des BFH hatte 1964 entschieden, dass Prostituierte keine gewerblichen Einkünfte erzielen, weil sie sich nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligten. Hieran wollen die Finanzrichter wegen der geänderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht mehr festhalten.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat den Großen Senat zur Klärung der Frage angerufen, ob eine Prostituierte aus ihrer Tätigkeit gewerbliche oder sonstige Einkünfte erzielt (Beschl. v. 15.03.2012, Az. III R 30/10).
In der Entscheidung aus den 1960er Jahren hatten die Richter entschieden, dass die "gewerbsmäßige Unzucht" aus dem Rahmen dessen falle, was das Einkommensteuergesetz unter selbständiger Berufstätigkeit verstanden wissen wolle. Prostituierte erzielten sonstige Einkünfte, die nicht der Gewerbesteuer unterlägen.
Dies sei so nicht mehr zeitgemäß, stellte der III. Senat nun fest. Das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten habe deren Tätigkeit legalisiert. Sexuelle Dienstleistungen würden in der Boulevardpresse und im Internet umfangreich beworben, Prostituierte wendeten sich mit ihrem Angebot an andere Personen in deren Eigenschaft als Marktteilnehmer. Da die Klägerin ihre Leistungen bewerbe und in einer eigens dafür angemieteten Wohnung erbringe, habe das Finanzamt zu Recht Gewerbesteuer festgesetzt.
Will ein Senat von der Entscheidung eines anderen Senats oder – wie hier – des Großen Senats abweichen, muss er die Rechtsfrage dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen.
tko/LTO-Redaktion
BFH zu sexuellen Dienstleistungen: . In: Legal Tribune Online, 01.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6749 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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