Das AG Gießen hatte im Sommer 2013 einen Durchsuchungsbeschluss gegen einen Verdächtigen erlassen. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor erfahren, dass dieser 2007 DVDs mit "Posing-Darstellungen" erworben hatte. Damals war das allerdings noch nicht strafbar. Nun hat das BVerfG die Auswertung des beschlagnahmten Materials im Eilverfahren verboten.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat den Ermittlungsbehörden untersagt, die bei einer Wohnungsdurchsuchung im September 2013 sichergestellten Beweisgegenstände zu sichten und auszuwerten. Damit hatte der Verdächtige im Eilverfahren Erfolg (Beschl. v. 05.02.2014, Az. 2 BvR 200/14). Über seine Verfassungsbeschwerde gegen den die Beschlüsse des Amtsgerichts (AG) Gießen und des Landgerichts (LG) Gießen wird Karlsruhe aber noch entscheiden müssen. Der Fall erinnert an die Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Edathy.
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, Außenstelle Gießen, hatte Anfang 2013 ein Ermittlungsverfahren gegen den Mann eingeleitet. Er steht im Verdacht, kinderpornographische Schriften zu besitzen. Dies ist in § 184b Strafgesetzbuch (StGB) unter Strafe gestellt. Die Behörde hatte im Rahmen eines anderen Ermittlungsverfahrens erfahren, dass der Verdächtige im Oktober 2007 eine DVD mit sogenannten "Posing-Darstellungen" Minderjähriger erworben hatte. Diese waren jedoch im Jahr des Erwerbs noch nicht strafbar, sondern erst in Folge einer Strafverschärfung 2008.
Grundrechtsverletzung nicht ausgeschlossen
Trotzdem nahmen die Behörden dies zum Anlass, im Juli 2013 einen Durchsuchungsbeschluss beim AG Gießen zu beantragen. Es sei zu vermuten, dass der Verdächtige noch immer jedenfalls im Besitz der damals erworbenen DVD sei, deren Inhalt mittlerweile strafbar sei. Das AG stellte sich den Ermittlern nicht in den Weg, auch das LG verwarf die Beschwerde des Mannes als unbegründet.
Im Eilverfahren erwirkte der Verdächtige nun eine einstweilige Anordnung beim BVerfG. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die zugleich eingereichte Verfassungsbeschwerde des Mannes nicht von vornherein offensichtlich unzulässig oder unbegründet sei. Es ist daher möglich, dass er in seinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt wurde.
"Irreperable Nachteile" verhindern
Bis hierüber entschieden worden ist, dürfen die Ermittler die im September 2013 sichergestellten Beweisgegenstände nicht auswerten. Das entschied das BVerfG nach einer Folgenabwägung. Sollte sich die Verfassungsbeschwerde später als unbegründet erweisen, so hätte sich das Ermittlungsverfahren lediglich verzögert. Ein erheblicher Nachteil für das Wohl der Allgemeinheit wäre das nicht, betonte das Gericht. Schließlich sei es der Staatsanwaltschaft nicht verwehrt, inzwischen anderweitige Ermittlungen anzustellen.
Wenn die sichergestellten Materialien hingegen nun ausgewertet würden und das Gericht später eine Grundrechtsverletzung annehme, so wäre dies mit "irreperablen Nachteilen" für den Verdächtigen verbunden.
una/LTO-Redaktion
BVerfG zu Ermittlungen wegen Kinderpornographie: . In: Legal Tribune Online, 22.05.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12070 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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