Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde zweier Männer nicht angenommen, die sich zu Tieren sexuell hingezogen fühlen. Der Eingriff in ihr Recht auf sexuelle Selbstbestimmung sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Mit am Donnerstag veröffentlichtem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Verfassungsbeschwerde gegen einen Ordnungswidrigkeitentatbestand im Tierschutzgesetz nicht zur Entscheidung angenommen (Beschl. v. 08.12.2015, Az. 1 BvR 1864/14). Danach können sexuelle Handlungen mit Tieren, durch die sie zu einem artwidrigen Verhalten gezwungen werden, mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden.
Die Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen § 3 Satz 1 Nr. 13 des Tierschutzgesetzes (TierSchG), wonach es verboten ist, ein Tier für eigene sexuelle Handlungen zu nutzen oder für sexuelle Handlungen Dritter abzurichten oder zur Verfügung zu stellen und dadurch zu artwidrigem Verhalten zu zwingen. Die zwei Beschwerdeführer fühlen sich zu Tieren sexuell hingezogen und sahen in der Vorschrift einen ungerechtfertigten Eingriff in ihr Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Die angegriffene Norm verstoße aber weder gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG noch verletze sie die "Tierliebhaber" in ihren Grundrechten, so das BVerfG.
Tierschutz schränkt sexuelle Selbstbestimmung ein
Der Tatbestand des § 3 Satz 1 Nr. 13 TierSchG werde in doppelter Hinsicht durch die Merkmale der "sexuellen Handlung" und des "Zwingens" zu einem "artwidrigen Verhalten" begrenzt. Diese unbestimmten Gesetzesbegriffe seien zwar weder im angegriffenen Tierschutzgesetz noch in der Gesetzesbegründung definiert. Sie seien aber der näheren Deutung im Wege der Auslegung zugänglich, befanden die Verfassungsrichter. Die Bedeutung des Begriffs des "Zwingens" etwa ergebe sich im Zusammenhang des Gesetzes in Abgrenzung zu einem bloßen "Abverlangen" und setze ein Verhalten voraus, das mit der Anwendung von körperlicher Gewalt vergleichbar sei.
Das BVerfG konnte auch keine Grundrechtsverletzung durch die Vorschrift erkennen. Der Einzelne müsse, soweit nicht in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung eingegriffen wird, staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit oder im Hinblick auf grundrechtlich geschützte Interessen Dritter unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots ergriffen werden.
Schwere des Eingriffs gemessen am Erfolg verhältnismäßig
Der Schutz des Wohlbefindens von Tieren durch einen Schutz vor artwidrigen sexuellen Übergriffen sei legitimes Ziel. Diesem in § 1 Satz 1 TierSchG zum Ausdruck kommenden Grundprinzip komme nach Art. 20a GG Verfassungsrang zu.
Auch an der Verhältnismäßigkeit der Regelung hatten die Richter keine Bedenken. Die Schwere des Eingriffs stehe nicht außer Verhältnis zum erstrebten Erfolg. Zwar greife § 3 Satz 1 Nr. 13 TierSchG in die sexuelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführer ein. Der Tatbestand greife jedoch nur, wenn das Tier zu einem artwidrigen Verhalten gezwungen wird. Zudem bediene sich der Gesetzgeber hier nicht des Strafrechts, sondern gestaltet die Norm als bloße Ordnungswidrigkeit aus, deren Verfolgung und Ahndung dem Opportunitätsprinzip folge und damit im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde liegt.
acr/LTO-Redaktion
BVerfG zu sexuellen Handlungen mit Tieren: . In: Legal Tribune Online, 18.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18511 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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