Die Staatsanwaltschaft Kempten rechnet damit, frühestens ab Spätherbst die bundesweite Zuständigkeit für Straftaten von Soldaten im Auslandseinsatz zu erhalten. Dies teilte Kemptens Leitender Oberstaatsanwalt Herbert Pollert am Montag mit. Die Bundesregierung hatte Ende März in Berlin einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der jetzt noch im Bundestag beraten und abschließend dem Bundesrat vorgelegt werden muss.
Bislang sind in der Regel die Gerichte und Staatsanwaltschaften an dem Ort zuständig, an dem der Soldat stationiert ist oder seinen Wohnsitz hat. Grund für die Zentralisierung sind die besonderen Gegebenheiten bei Straftaten im Einsatz. Die Einarbeitung in die komplizierte Materie hat nach Angaben des Bundesjustizministeriums die Strafverfahren oft verzögert.
Die zentrale Zuständigkeit Kemptens für bayerische Fälle besteht bereits seit März 2010. Wie Pollert sagte, gab es bislang etwa 15 Verfahren, in denen gegen Soldaten ermittelt wurde, die in Bayern stationiert sind. "Dabei handelte es sich vorwiegend um Straftaten, die sich intern bei der Bundeswehr abspielten." Dazu gehörten etwa Gehorsamsverweigerung, Diebstahl und Missbrauch der Befehlsbefugnis. Bislang habe es erst ein Verfahren mit Gefechtsbezug gegeben.
Die Wahl für eine bundesweite Zuständigkeit fiel auf Kempten, weil dort schon die bayerische Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Soldaten im Ausland ist, wie Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erklärte. Mit der Einrichtung der zentralen Staatsanwaltschaft sind auch Amtsgericht und Landgericht in Kempten für die Prozesse zuständig. Zuständiges Oberlandesgericht soll München sein.
Sollte Kemptens bayernweite Zuständigkeit auf das gesamte Bundesgebiet ausgedehnt werden, rechnet Pollert mit etwa 50 Verfahren pro Jahr. Angesichts von gut 19.000 Ermittlungsverfahren, die in Kempten jährlich bearbeitet werden, stehe eine Personalverstärkung nicht zur Diskussion.
Wenn das internationale Völkerstrafrecht berührt ist - so wie bei dem 2009 von einem deutschen Oberst befohlenen Bombardement zweier Tanklaster in Nordafghanistan mit zahlreichen Toten -, ist weiter die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe zuständig.
dpa/age/LTO-Redaktion
Bundeswehr-Strafsachen im Ausland: . In: Legal Tribune Online, 04.06.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6324 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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