Ölspur auf der Straße: Verursacher muss für Reinigung zahlen

Wer mit seinem Kraftfahrzeug auf der Straße eine Ölspur hinterlässt, muss für deren Beseitigung Schadensersatz leisten. Ein derartiger Schaden auf der Fahrbahn zählt verkehrsrechtlich nicht anders als der Unfallschaden an einem anderen Fahrzeug. Dies entschied letztinstanzlich der BGH. Von Prof. Dr. Dieter Müller.

Jeder Autofahrer kennt das Verkehrszeichen "Ölspur!". Das Gefahrzeichen mit Zusatzzeichen begegnet immer dann, wenn ein Kraftfahrzeug unfallbedingt oder aufgrund einer Leckage Öl verliert und damit die Fahrbahn verschmutzt.

Derartige Verschmutzungen sind immer dann besonders gefährlich, wenn sich das Öl mit Wasser mischt und die Fahrbahn als dünner Ölfilm breitflächig überzieht. Besonders bedroht sind motorisierte Zweiradfahrer, weil ihre Fahrstabilität insbesondere in Kurven direkt von einer griffigen Fahrbahnoberfläche abhängig ist.

Im entschiedenen Fall trat beim Betrieb von Traktoren Hydrauliköl aus und leckte auf öffentliche Gemeindestraßen. Die Gemeinde als Trägerin der Verkehrssicherungspflicht war dazu gezwungen, unverzüglich diese akute Gefahrenlage zu beheben. Sie tat dies, indem sie ein spezialisiertes Unternehmen damit beauftragte, im Wege des sogenannten Nassreinigungsverfahrens den Schaden zu beseitigen. Die Kosten von rund 3.000 Euro machte die Gemeinde gegenüber dem Verursacher des Schadens geltend. Da dieser nicht zahlte, trat die Gemeinde ihre gegenüber den Fahrzeughaltern und Haftpflichtversicherern bestehenden Rechte auf Schadensersatz an einen Kläger ab, der nun in letzter Instanz seine Prozesse gewann.

Verhaltenspflicht bei Ölspur

Wer mit seinem Kraftfahrzeug eine Ölspur auf einer Fahrbahn hinterlässt, begeht zunächst einmal einen Ordnungsverstoß gegen die Verhaltenspflicht des § 32 Abs. 1 Satz 1 StVO, wonach es verboten ist, die Straße "zu benetzen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann." Diese abstrakte Gefahrenlage besteht in jedem Fall gegenüber Zweiradfahrern und führt zu einem ordnungswidrigen Verhalten derjenigen Person, die für die Ölspur verantwortlich ist, und zwar unabhängig davon, ob sie diese Ölspur bewusst oder nur fahrlässig hinterlässt.

Zwei Folgepflichten beinhaltet der § 32 Abs. 1 StVO: Die für derartige Zustände verantwortlichen Personen müssen die verkehrswidrigen Zustände "unverzüglich", d.h. ohne zu zögern beseitigen und bis dies geschehen ist die Gefahrenstellen mit geeigneten Mitteln wie einem Warndreieck oder von der nächsten Straßenmeisterei geliehenen Gefahrenschildern kenntlich machen. Wer diese beiden Folgepflichten nicht erfüllt, begeht die nächsten Ordnungswidrigkeiten.

Ölspur als Verkehrsunfall

Neben der Betrachtung als Pflichtverstoß erfüllt das Aufbringen einer Ölspur auf die Straße aber auch die Qualifikation als Verkehrsunfall. Nach der gängigen Definition liegt ein solcher vor, wenn die Ursache der Ölspur einen  Zusammenhang mit dem öffentlichen Straßenverkehr und seinen typischen Gefahren hat und zu einem nicht gänzlich belanglosen fremden Sachschaden führt.

Diese Definition ist genau deswegen erfüllt, weil die Gefahr nicht ungewöhnlich ist, dass Kraftfahrzeuge infolge technischer Defekte während ihrer Fahrt Öl verlieren. Der Verursacher muss dann den nicht gänzlich belanglosen Sachschaden, nämlich die Verunreinigung der Fahrbahn, ersetzen. Die Wertgrenze für die Belanglosigkeit eines Schadens rangiert derzeit bei ca. 50 Euro und dürfte bei nahezu jeder Ölspur überschritten sein.

Die Ersatzpflicht für eine Beseitigung einer Ölspur ist nach der Haftungsnorm des § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) also nicht anders zu beurteilen als für das Ausbeulen eines Fahrzeugkotflügels. Für beide Fälle trifft den Fahrzeughalter die Pflicht zur Leistung von Schadensersatz, weil der Schaden am Eigentum des Anderen beim Betrieb des Kraftfahrzeuges entstanden ist.

Diesen Haftungsmechanismus stellte der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr in Bezug auf die professionelle Beseitigung von Ölspuren klar, weil der zivilrechtliche Schadensersatzanspruch genau dem Ziel dient, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne Schadensereignis entspricht (Urt. v. 28.06.2011, Az. VI ZR 184/10 und VI ZR 191/10). Genau deswegen ist es bei dem entstandenen Ölfilm mit dem einfachen Abstreuen der Ölspur mit Ölbindemittel nicht getan, sondern sie (und damit der Schaden am Fahrbahnbelag) muss mittels der fachlich aufwändigeren professionellen Methode durch ein kostenintensives Nassreinigungsverfahren vollständig von der Fahrbahn aufgesogen werden.

Auf dieser Grundlage besteht auch kein Verstoß der Gemeinde gegen die Pflicht zur Schadensminimierung. Da üblicherweise für Haftpflichtschäden, die während des Betriebs eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr verursacht werden, eine Kfz-Haftpflichtversicherung einstandspflichtig ist, wurden die neben den Fahrzeughaltern ebenfalls verklagten Versicherungen der Fahrzeughalter mitverurteilt.

Der Autor Prof. Dr. Dieter Müller ist Fachbereichsleiter für Verkehrswissenschaften an der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH), wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Verkehrsrecht und Verkehrsverhalten Bautzen und Autor zahlreicher Publikationen zum Verkehrsrecht.

 

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Zitiervorschlag

Dieter Müller, Ölspur auf der Straße: . In: Legal Tribune Online, 29.06.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3626 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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