Foto auf Facebook geteilt: Viel Welle um die Abmahnwelle

2/2: Trotz zahlloser Möglichkeiten kaum Abmahnungen

Dennoch: Zwei bekanntgewordene Abmahnungen in gut zwei Jahren sind nicht gerade viel, zumal es tagtäglich zahllose potentielle Haftungsfälle gibt. Ganz offenbar bestehen auf Seiten der Rechteinhaber jedoch erhebliche Zweifel an den Erfolgsaussichten einer entsprechenden Klage. Warum sich daran durch die jetzige Abmahnung (die eben nur eine Abmahnung ist und kein stattgebendes Urteil) etwas ändern sollte, ist schwer erklärlich.

Der auf Social-Media-Recht spezialisierte Rechtsanwalt Thomas Schwenke rechnet jedenfalls nicht damit, dass eine neue Abmahnwelle ins Rollen kommt. "Dass die Möglichkeit solcher Abmahnungen grundsätzlich besteht, ist seit Jahren bekannt; das Problem wurde unter Experten rauf und runter diskutiert. Potenzielle Abmahner haben das Kostenrisiko eines Verfahrens, das bis zum BGH gehen könnte, bislang aber gescheut – und ich denke, damit sind sie gut beraten."

Konstruierte Einwilligung des Urhebers nach § 242 BGB

Schwenke selbst glaubt nicht, dass das Teilen von Inhalten auf Facebook eine Verletzung der Rechte des Urhebers darstellt. Er bietet dazu zwei Argumentationslinien. Die erste lehnt sich an die Entscheidungen Thumbnails I und II des Bundesgerichtshofs (BGH) an (Urt. V. 29.04.2010, Az. I ZR 69/08 sowie Urt. V. 19.10.2011, Az. I ZR 140/10). Darin hatte der BGH – verkürzt gesagt – entschieden, dass der Urheber eines Bildes sich nicht gegen dessen verkleinerte Darstellung in der Google-Bildersuche wehren kann. Wer Werke ins Internet einstelle oder einstellen lasse, ohne diese gezielt vor der Erkennung durch Suchmaschinen zu schützen, willige damit automatisch in deren Darstellung bei den Bildersuchergebnissen ein.

"Ganz ähnlich könnte man hier argumentieren", sagt Schwenke: "Wer einer Nachrichtenredaktion die Nutzungsrechte an seinen Fotos einräumt, der stimmt deren redaktioneller Nutzung zu. Zur redaktionellen Nutzung gehört heutzutage aber selbstverständlich auch und gerade das Posten und Verbreiten von Inhalten auf Social Media Plattformen. Eine entsprechende Einwilligung des Fotografen, auch wenn sie nicht ausdrücklich im Lizenzvertrag erklärt wird, könnte man mit Rückgriff auf § 242 BGB also durchaus konstruieren."

Die Rechte der Urheber sieht Schwenke dadurch nicht über Gebühr belastet: "Der Sinn eines Facebook-Posts ist ja gerade der, dass die Leute ihn anklicken und so zur eigentlichen Quelle gelangen. Dort aber wird in aller Regel eine korrekte Nennung des Urhebers stattfinden." Etwas anderes könne allerdings dann gelten, wenn der einzelne Nutzer die Nachricht nicht bloß zu Informations-, sondern zu Werbezwecken teilt: "So weit müsste die konstruierte Einwilligung des Urhebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht gehen", meint Schwenke." Insofern könnte es auch einen Unterschied machen, ob die Fahrschulbetreiberin den von ihr geteilten Bild-Artikel beispielsweise mit einem werblichen Kommentar à la 'Bei uns wäre das nicht passiert‘ versehen hat."

Teilen ist auch nur Einbetten – Berufung auf den EuGH

Neben dem Einwilligungsgedanken bringt Schwenke noch einen zweiten ins Spiel: "In der Framing-Entscheidung hat der EuGH entschieden, dass das Einbetten von bereits öffentlich verfügbaren Inhalten – konkret ging es um Youtube-Videos – auf der eigenen Webseite keine Urheberrechtsverletzung darstellt, sofern keine neue Kopie des Inhalts erzeugt wird."

So stehe die Sache aber auch hier: In dem Zeitpunkt, in dem ein Link erstmalig auf Facebook geteilt wird, lege die Plattform in ihrem Cache einen Eintrag an, in dem die Inhalte des Links (Überschrift, Teasertext, Vorschaubild) gespeichert sind. Werde der Link später von weiteren Nutzern geteilt, so würden sie, technisch betrachtet, nur die bereits im Facebook-Cache vorhandenen Daten in ihrer eigenen Chronik einbetten. Damit sei die Sache dem vom EuGH entschiedenen Sachverhalt schon sehr ähnlich.

Einen Freibrief zum Teilen von Inhalten will aber auch Schwenke nicht erteilen: "Die Sache ist gerichtlich bislang ungeklärt. Ich fände es extrem lebensfern, wenn ein Gericht in einem so alltäglichen Verhalten wie dem Teilen von Beiträgen eine Urheberrechtsverletzung sehen würde – aber vorstellbar ist es schon, zumal, wenn man sich starr nur am Gesetzeswortlaut orientiert. Das Urheberrechtsgesetz stärker den Möglichkeiten der neuen Medien anzupassen, wäre jedenfalls sicher nicht die schlechteste Idee, schon im Sinne der Rechtssicherheit."

Zitiervorschlag

Constantin Baron van Lijnden, Foto auf Facebook geteilt: . In: Legal Tribune Online, 25.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15053 (abgerufen am: 18.11.2024 )

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