BGH-Richterstreit vor dem Dienstgericht: Niederlage für Thomas Fischer

von Dr. Christian Rath

15.02.2013

BGH-Präsident Tolksdorf hat nicht in die richterliche Unabhängigkeit seiner Kollegen Fischer und Eschelbach eingegriffen. Das entschied am Donnerstag das Dienstgericht des Bundes. Die Einsichtnahme in dienstliche Stellungnahmen, gegen die sich die Strafrichter gewehrt hatten, sei keine Maßnahme der Dienstaufsicht gewesen. Beendet ist der Streit um den Vorsitz des 2. Strafsenats damit noch nicht.

Es ist ein Sieg für Klaus Tolksdorf, den Präsidenten des Bundesgerichtshofs (BGH), während der StGB-Kommentator Thomas Fischer* schon in der Verhandlung die Chancenlosigkeit seines Antrags erkannte. Fischer und Ralf Eschelbach hatten vor dem Dienstgericht des Bundes, auch Richterdienstgericht genannt, gerügt, dass Tolksdorf in ihre richterliche Unabhängigkeit eingegriffen hatte. Im Ergebnis wies das Gericht die Anträge nun ab. Die Entscheidung ist rechtskräftig und könnte allenfalls mit einer Verfassungsbeschwerde angegriffen werden. Die Strafrichter machen jedoch nicht den Eindruck, als hätten sie dies vor.

Begonnen hatte der Rechtsstreits mit einem Konflikt um die Besetzung des Vorsitzes des 2. Strafsenats. Im Januar 2011 ging die bisherige Vorsitzende Ruth Rissing-van Saan in den Ruhestand. Tolksdorf schlug als ihren Nachfolger nicht den bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden Fischer vor, sondern einen anderen Richter. Zuvor hatte Tolksdorf die dienstliche Beurteilung Fischers mit Blick auf dessen vermeintlich problematische soziale Kompetenz verschlechtert. Gegen diese Beurteilung und auch eine spätere Beurteilung klagte Fischer mit Erfolg und verhinderte seither eine Neubesetzung des Vorsitzes.

Umstrittener Doppelvorsitz

Anfangs übernahm Stellvertreter Fischer kommissarisch selbst den Vorsitz. Ende 2011 bestimmte das BGH-Präsidium jedoch Andreas Ernemann zum neuen Senatsvorsitzenden. Dieser war nun zugleich Vorsitzender des 2. und 4. Strafsenats.

Drei Richter des achtköpfigen 2. Strafsenats hielten diesen Doppelvorsitz für unzulässig, weil der Vorsitzende mit der Führung von zwei Strafsenaten überfordert sei. In einer von drei Sitzgruppen des 2. Strafsenats hatten die Dissidenten um Fischer sogar eine Mehrheit und beschlossen am 11. Januar 2012, dass der Senat nicht ordnungsgemäß besetzt sei. Ein anhängiges Strafverfahren setzten sie aus.

Der Senatsvorsitzende Ernemann bat die Richter anschließend, angeblich "im Namen des BGH-Präsidenten", den Beschluss noch nicht zu unterschreiben und in den Geschäftsgang zu geben. Man möge vielmehr warten, bis sich das BGH-Präsidium mit der neuen Lage befasst habe. Am 18. Januar 2012 beschloss das Präsidium jedoch einstimmig, dass es an der Geschäftsverteilung und damit auch am Doppelvorsitz Ernemanns festhalte. Kurz darauf wurden drei Mitglieder des 2. Senats, nicht nur die Dissidenten, zum Gespräch gebeten, wie es nun weitergehen soll.

Der Konflikt löste sich zunächst, als kurze Zeit später einer der Dissidenten-Richter seine Rechtsauffassung zurückstellte, um einen Stillstand der Rechtsprechung zu verhindern. Dies führte aber zu Befangenheitsanträgen gegen die vermeintlich leicht beeinflussbaren Richter. Im Rahmen des Befangenheits-Verfahrens gaben die Richter des 2. Strafsenats dienstliche Erklärungen ab, die BGH-Präsident Tolksdorf im April anforderte und las.

Anm. der Redaktion: Hier stand zunächst "Kommentator des Tröndle/Fischer". Der StGB-Kommentar wird aber nicht mehr von Herbert Tröndle bearbeitet.

Zitiervorschlag

Christian Rath, BGH-Richterstreit vor dem Dienstgericht: . In: Legal Tribune Online, 15.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8157 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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