Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex hat ihre Kodexanpassungen 2012 vorgestellt. Nachdem sie die Empfehlungen zu guter Unternehmensführung im Vorjahr gänzlich unangetastet ließ, beschränkt sie sich nun im Wesentlichen auf Klarstellungen. Eine variable Aufsichtsratsvergütung soll es doch nicht geben, mehr Transparenz im Aufsichtsrat aber sehr wohl, erläutert Oliver Maaß.
Bei der Präsentation der diesjährigen Änderungen betonte die Kommission vor allem das erfolgreich durchgeführte Konsultationsverfahren. Zum ersten Mal konnten sich Interessierte in einem schriftlichen Verfahren vorab zu konkreten Formulierungsvorschlägen äußern. Dabei gingen über 70 Stellungnahmen von Verbänden, Kanzleien und aus der Wissenschaft auf den am 1. Februar 2012 veröffentlichten Entwurf ein.
Im Vorfeld laut gewordene Kritik, ein immer umfangreicherer Kodex könne sich zum zahnlosen Tiger auswachsen, weil er für die Unternehmen zu unübersichtlich werde, muss die Kommission aktuell nicht fürchten – Anregungen hat sie mit Augenmaß geprüft und besonnen umgesetzt.
Vorerst doch keine variable Aufsichtsratsvergütung
Von ihrem Entwurf am weitesten entfernt hat sich die Kommission beim Thema Aufsichtsrat: Die ursprüngliche Empfehlung, neben der fixen eine variable Aufsichtsratsvergütung einzuführen, hat das Gremium aufgegeben. Es trägt damit der gegenwärtigen Praxis Rechnung, wonach Aufsichtsräten überwiegend ein Fixum gewährt wird. Im Übrigen sparte die Kommission das Thema Vergütung erst einmal aus und kündigte an, sich in den kommenden Monaten intensiver damit zu befassen.
Insgesamt nimmt der angepasste Kodex den Aufsichtsrat allerdings künftig stärker in die Pflicht. So zum Beispiel im Rahmen des Jahresabschlusses, indem er restriktive Vorgaben zum Prüfungsausschuss und zum Berichtswesen enthält. Interessant ist auch die explizite Aufforderung, der Aufsichtsrat solle bei Bedarf ohne den Vorstand tagen. Damit gleicht der Kodex die Überwachungspflichten des Aufsichtsrates stärker an die ständig wachsenden Anforderungen der Rechnungslegung für börsennotierte Unternehmen an.
Bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrats soll der Kodex für noch mehr Transparenz sorgen. Zwar wurde der ursprünglich vorgeschlagene Katalog, wann ein Mitglied des Aufsichtsrats als unabhängig gelten soll, nach deutlicher Kritik wieder gestrichen.
Trotzdem verschärft die Kommission die Anforderungen, um Interessenskonflikten besser vorzubeugen: Nach der Neufassung des Kodex soll der Aufsichtsrat bei Wahlvorschlägen an die Hauptversammlung künftig die persönlichen und die geschäftlichen Beziehungen eines jeden Kandidaten zum Unternehmen, zu den Organen der Gesellschaft und zu einem wesentlich an der Gesellschaft beteiligten Aktionär offenlegen. Gelten soll das für alle Umstände, die ein objektiv urteilender Aktionär als maßgeblich für seine Wahlentscheidung ansehen würde. Als wesentlich gilt eine Beteiligung, wenn sie 10 Prozent der stimmberechtigten Aktien übersteigt.
Bericht über Vorstandsvergütung nur noch bei Änderung
In der Praxis ist diese Änderung nicht unproblematisch. Auch wenn bestimmte Sachverhalte im Abhängigkeitsbericht des Jahresabschlusses ohnehin erläutert werden müssen: Der Aufsichtsrat kann hier seiner Verpflichtung aus dem Kodex nur nachkommen, wenn der Kandidat entsprechend mitwirkt. Unternehmen dürfte es daher in Zukunft schwerer fallen, die diesbezüglich uneingeschränkte Einhaltung des Kodex mit gutem Gewissen zu bestätigen.
Weitere Änderung im Kontext Aufsichtsrat: Künftig soll der Aufsichtsratsvorsitzende nicht mehr in jeder Hauptversammlung über die Grundzüge des Vorstandsvergütungssystems berichten müssen, sondern nur einmal beziehungsweise nur dann, wenn dieses sich ändert. Das verkürzt den von vielen Aktionären als rein formalistisch empfundenen Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung. Interessierte Aktionäre können sich ohnehin über die Vergütungsstruktur jederzeit im Vergütungsbericht informieren. Dieser ist übrigens nach der Neufassung des Kodex nicht mehr Bestandteil des Corporate Governance Berichts.
Ausdrücklich nimmt die Kommission auch noch einmal Stellung zur "Abweichungskultur". Der Corporate Governance Kodex baue ausdrücklich auf Sollvorschriften auf. Eine Abweichung von einer Kodexempfehlung könne durchaus im Interesse einer guten Unternehmensführung liegen – vorausgesetzt, so stellt die Präambel des Kodex klar, sie ist gut begründet.
Der Autor Dr. Oliver Maaß ist Rechtsanwalt und Counsel bei Heisse Kursawe Eversheds in München.
Corporate Governance Kodex 2012: . In: Legal Tribune Online, 30.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6288 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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