BGH zu Mietbeendigung durch GbR: Eigen­be­darfs­kün­di­gung deut­lich gestärkt

von Dominik Schüller

14.12.2016

Eigentlich können Gesellschaften keinen Eigenbedarf anmelden, und eigentlich führt ein Verstoß gegen die Anbietepflicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Eigentlich. Denn das eine Prinzip hat der BGH heute ganz, und das andere halb aufgegeben.

Wo der Wohnraum knapp ist, nehmen Fälle von Eigenbedarfskündigungen durch Vermieter immer weiter zu. Nicht umsonst spielt der am Mittwoch vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedene Fall in München. Der VIII. Zivilsenat hat in dieser Entscheidung zu zwei wichtigen Fragen im Kontext von Eigenbedarfskündigungen Stellung bezogen – und bei einer davon seine Rechtsauffassung ausdrücklich geändert. 

Grundsätzlich werden Wohnraummietverhältnisse in Deutschland – von eng umgrenzten Ausnahmen abgesehen – unbefristet abgeschlossen. Dies hat zur Folge, dass Vermieter sich nur in wenigen Fällen durch Kündigung vom Mietvertrag lösen können – etwa bei hohen Mietrückständen oder sonstigen (erheblichen) Verstößen gegen vertragliche Pflichten durch den Mieter. Verhält der Mieter sich hingegen vertragstreu, kommt als Kündigungsgrund hauptsächlich der Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht. Ein berechtigtes Kündigungsinteresse des Vermieters besteht immer dann, wenn er die Wohnung für sich selbst, Familien- oder Haushaltsangehörige benötigt. 

Eigenbedarfsfälle in vergangenen Jahren stark ausgeweitet

Die Rechtsprechung hat die Möglichkeiten der Eigenbedarfskündigung in den vergangenen Jahren erheblich ausgeweitet. Der Kreis der Familienangehörigen wird äußerst weit verstanden, sofern ab einem gewissen Verwandtschaftsgrad eine persönliche Beziehung zwischen den Personen hinzutritt. Auch die Absicht, die Wohnung gewerblich zu nutzen, ist vom BGH als zulässiger Grund für die Kündigung anerkannt worden. Selbst die geplante Gründung einer Wohngemeinschaft oder Familie durch ein Kind des Vermieters genügt inzwischen. 

Auch die Anforderungen an den eigenen Wohnbedarf sind gesunken. Im Prinzip kann der Vermieter frei entscheiden, in welcher seiner Wohnungen er leben möchte. Er muss sich z.B. nicht darauf verweisen lassen, er wohne bereits in einer seinen Bedürfnissen angemessenen Mietwohnung. Auch für eine einzelne Person kann eine Wohnung mit weit über 100qm angemessen sein. Die Rechtsprechung konzentriert sich in der Praxis auf die Eindämmung von Missbrauchsfällen. Um die grundsätzliche Berechtigung zur Kündigung wegen Eigenbedarfs ging es auch im am Mittwoch entschiedenen Verfahren vor dem BGH (Az.: VIII ZR 232/15):

Kündigung nach fast 30* Jahren

Die beklagte Mieterin hatte im Jahr 1985 die Wohnung vom damaligen Eigentümer angemietet. Sechs Jahre später wurde das gesamte Grundstück mit Mietshaus von einer aus vier Personen bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gekauft, deren vertraglicher Zweck in der "Instandsetzung, Modernisierung und dem Ausbau des Anwesens, dessen Vermietung sowie nach Möglichkeit der Aufteilung in Wohnungseigentum" lag. 

Ab 1994 begann die neue Eigentümerin mit der Sanierung des Hauses. Bis 2013 wurden mit Ausnahme der von der Mieterin genutzten Räume sämtliche anderen Wohnungen saniert. Im September 2013 kündigte die GbR den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs für die Tochter eines der Gesellschafter. In den Vorinstanzen ist die Räumungsklage der GbR abgewiesen worden. 

* Anm. d. Red: Tippfehler korrigiert am 15.12.2016

Zitiervorschlag

Dominik Schüller, BGH zu Mietbeendigung durch GbR: . In: Legal Tribune Online, 14.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21467 (abgerufen am: 04.11.2024 )

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