Die juristische Presseschau vom 5. bis 7. März 2016: BVerfG-Fri­st­ablauf / Ein Foto, immer befangen? / Ver­deckte AfD-Spende?

07.03.2016

Justiz

BVerfG – NPD: Wird eine tatsächliche Bedeutungslosigkeit der NPD das Verbot verhindern oder genügt ihre Ideologie für die Bejahung von Verfassungsfeindlichkeit, weil eine konkrete Gefahr für ein Verbot nicht erforderlich ist? Im Sommer wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts erwartet, das sich wohl tatsächlich und rechtlich an dieser Frage entscheiden wird. Zur beendeten Verhandlung schreiben noch FR (Ursula Knapp), spiegel.de (Christina Hebel) und FAS (Peter Carstens).

Christian Rath (lto.de) meint, das Gericht werde die NPD verbieten, verschenke damit aber die Chance, für ein Verbot eine von der Partei ausgehende konkrete Gefahr zu verlangen. Dietmar Hipp (spiegel.de) sieht Verfahren und Urteil unabhängig vom Ergebnis als Chance, sich zu vergewissern, was an "extremen oder extremistischen Positionen noch hinnehmbar ist". Konrad Litschko (Samstags-taz) meint, die Kritiklinie auf ideologischer Grundlage Hass zu schüren, der in Gewalt ende, sei auch auf andere Parteien und Gruppierungen anwendbar, die im Schatten der Konzentration auf die NPD wachsen konnten.

Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) weist darauf hin, dass das Gericht sich auch mit der Frage befassen müsse, ob einem Verbot der automatische Mandatsverlust gewählter NPD-ler folge. Der Europäische Gerichtshof habe einen solchen Automatismus 2002 beanstandet.

BVerfG – Ceta/TTIP: Die WamS (Wolfgang Büscher) stellt Marianne Grimmenstein vor, die "Hobbyjuristin", Flötenlehrerin und "Keimzelle der Massenbewegung" gegen die Freihandelsabkommen. Unterstützt von Rechtsprofessoren bereitet sie Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht – zunächst gegen Ceta und dann gegen TTIP – vor und hat bereits über 40.000 Mitstreiter gefunden.

BVerwG zu Facebook-Fanseiten: Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren um die Frage, ob Unternehmen wegen des Betreibens von Fanpages für Datenschutzverstöße durch Facebook Verantwortung tragen, ausgesetzt und den Europäischen Gerichtshof angerufen. Rechtsanwalt Christian Hoffmann und Habilitand Sönke E. Schulz berichten auf juwiss.de von der mündlichen Verhandlung vor dem BVerwG und der Frage, ob es einen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, nach dem Unternehmen datenschutzrechtlich bedenkliche Dienste vor deren Nutzung prüfen müssen.

BGH zu Befangenheit wegen Facebook-Foto: Nachdem der Bundesgerichtshof ein Urteil des Landgerichts Rostock aufhob, weil dem Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzende wegen eines Fotos auf Facebook hätte stattgegeben werden müssen, ist bereits mindestens ein weiterer Befangenheitsantrag gegen den Richter eingegangen, berichtet der Tsp (Jost Müller-Neuhof). Ob der BGH erneut entscheiden muss, bleibe abzuwarten, der Grund für die Besorgnis der Befangenheit bestehe trotz Löschung des Bildes fort und erstrecke sich theoretisch auf alle Verfahren des Richters.

BGH zu Werbung mit Prominenten: Aus Anlass der aktuellen Sixt-Werbung mit einem Konterfei Volker Becks (Grüne), erinnert kanzleikompa.de (Markus Kompa) an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der jedenfalls die satirische Verwendung mit Bezug auf ein aktuelles Ereignis der Meinungs- und Pressefreiheit unterfalle.

OLG München – Führungsaufsicht für Salafist: Das Oberlandesgericht München hat über die Weisungen zu entscheiden, die einem gerade aus der Haft entlassenen Al Quaida-Unterstützer erteilt werden. Eine elektronische Fußfessel wird es – mangels Rechtsgrundlage für Fälle wie diesen – nicht geben. Der Spiegel (Hubert Gude/Wolf Wiedemann-Schmidt) befasst sich mit dem Fall, den umfassenden Maßnahmen, die den Mann in Schach halten sollen, und den Forderungen nach einer Erweiterung der Rechtsgrundlage für elektronische Fußfesseln.

OLG Düsseldorf zu Syrienrückkehrer: Mit der Verurteilung eines Syrienrückkehrers zu viereinhalb Jahren Haft durch das Oberlandesgericht Düsseldorf befassen sich nun auch Samstags-FAZ (Reiner Burger) und zeit.de. Wolfgang Janisch (Samstags-SZ) betont, dass das Verfahren und die vielen weiteren zeigen, dass das Repertoire der Strafverfolgungsbehörden ausreiche, "zur Erinnerung – falls mal wieder die Rufe nach härteren Gesetzen laut werden".

LG Hannover – Salzhemmendorf: Im Prozess um den Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Salzhemmendorf hat die Staatsanwaltschaft ihr Plädoyer gehalten und achteinhalb Jahre Haft für den mutmaßlichen Werfer des Molotow-Cocktails gefordert, sieben Jahre für seinen mutmaßlichen Komplizen und vier Jahre und zwei Monate für die mutmaßliche Fahrerin zum und vom Tatort. Dazu schreiben spiegel.de (Julia Jüttner) und Samstags-taz (Andreas Wyputta).

LG Neubrandenburg – Auschwitz-Prozess: Der Prozess gegen einen ehemaligen SS-Sanitäter vor dem Landgericht Neubrandenburg ist auf den 14. März vertagt. Der Amtsarzt erklärte den Angeklagten ehemaligen SS-Sanitäter für derzeit nicht verhandlungsfähig. Kurz vor dem 14. März soll eine weitere Untersuchung stattfinden, schreibt spiegel.de.

LG Meiningen – Juwi: Am heutigen Montag beginn der Prozess gegen den Gründer des Windparkbauers Juwi, der den ehemaligen Innenminister Thüringens geschmiert haben soll, um sich Windparkflächen zu sichern. Das meldet das HBl (drn/fhu).

LG Braunschweig – VW: Über die Klageerwiderung im Anlegerprozess gegen VW vor dem Landgericht Braunschweig, schreiben nun auch Montags-SZ (Thomas Fromm/Klaus Ott) und HBl (Martin Murphy/Volker Votsmeier - kurze Onlinefassung), dem das 115-seitige Dokument vorliegt.

AG München zu Trauer: Trauer sei eine normale Reaktion auf das Versterben eines Angehörigen und keine Erkrankung, entschied das Amtsgericht München. Die beklagte Reiserücktrittsversicherung musste daher die Stornogebühr einer Witwe, die wegen Trauer nicht unverzüglich die mit ihrem verstorbenen Mann geplante Reise storniert hatte, nicht zahlen, weil das nur für Verhinderungen im Krankheitsfall vorgesehen war. Das meldet lto.de.

StA Potsdam – Nauen: Die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt gegen einen NPD-Politiker und weitere Personen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Auf das Konto der Gruppe soll u.a. der Bandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Nauen gehen, schreiben zeit.de (Lenz Jacobsen) und Samstags-SZ (Jens Schneider). Für Ermittlungen wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung sieht die Bundesanwaltschaft derzeit keine Veranlassung, die Bundesländer prüfen jedoch, ob die Vorfälle noch Eingang in das NPD-Verbotsverfahren finden sollen, weiß die Montags-taz (Konrad Litschko).

StA Meiningen – K+S: Im Verfahren um mutmaßlich illegale Entsorgung von Salzabwasser durch K+S hat die Staatsanwaltschaft Meiningen Anklage wegen Gewässerverunreinigung in Tateinheit mit unerlaubtem Umgang mit gefährlichen Abfällen gegen Vorstands- und Aufsichtsratschef sowie weitere 12 Manager und Mitarbeiter des Unternehmens erhoben. Dazu schreiben Samstags-FAZ (Klaus Max Smolka), Samstags-Welt (Carsten Dierig) und zeit.de.

StA Hannover – Messerangriff: Nach einem Messerangriff auf einen Bundespolizisten vergangene Woche in Hannover, sitzt die 15-jährige mutmaßliche Täterin wegen Verdachts des versuchten Mordes in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt, ob psychische Probleme der Grund für die Tat sein könnten, hält aber auch eine islamistische Motivation für denkbar. Anfang Januar vermutete die Mutter, das Mädchen wolle sich dem sogenannten IS anschließen. Es berichten u.a. Spiegel (Hubert Gude), Montags-FAZ (Reinhard Bingener), und Samstags-SZ (Lena Kampf).

StA Berlin – falscher Arzt: Die WamS (Thomas Schmoll) beschreibt den Fall eines Mannes, gegen den die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt, weil er über Jahre mit gefälschter Approbation und Doktortitel als Arzt tätig gewesen sein soll.

StA Neuruppin – BER: Gegen den ehemaligen Technikchef des Hauptstadtflughafens Horst Amann hat die im BER-Skandal ermittelnde Staatsanwaltschaft Neuruppin nicht Anklage erhoben. Interne Unterlagen werfen laut HBl (Massimo Bognanni) aber Fragen zu seiner Rolle bei der Auszahlung überhöhter Rechnungsbeträge an den mittlerweile insolventen Baukonzern Imtech auf.

StA Bremen – Schuss durch Polizist: In der Nacht auf Samstag schoss ein Polizist auf eine 17-Jährige, die durch Notoperation gerettet werden konnte. Wegen Ruhestörung sei die Polizei angerückt, habe geklingelt und gerufen, woraufhin die Tür einen Spalt geöffnet und mit einer Gaspistole auf die Beamten geschossen wurde. Der Polizist habe durch die Tür zurückgeschossen, melden u.a. die Montags-FAZ und spiegel.de.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 5. bis 7. März 2016: BVerfG-Fristablauf / Ein Foto, immer befangen? / Verdeckte AfD-Spende? . In: Legal Tribune Online, 07.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18661/ (abgerufen am: 03.07.2024 )

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