Die juristische Presseschau vom 27. Februar 2015: Fünf Jahre Haft für verkaufte Juraklausuren – wohl kein Asyl für US-Deserteur – Salafist kann kein Soldat sein

27.02.2015

Justiz

EuGH zu Asyl für Deserteure: Der Europäische Gerichtshof hat auf Vorlage des Verwaltungsgerichts München geklärt, unter welchen Umständen Deserteure in Europa Asyl erhalten können. Es müsse die plausible Gefahr bestehen, dass sie in Kriegsverbrechen verwickelt werden. Die Desertion müsse die einzige Möglichkeit sein, dieser Gefahr zu entgehen. Die taz (Christian Rath) und spiegel.de berichten.

Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) kritisiert das Urteil, weil es davon ausgeht, dass in Kriegen mit UN-Mandat oder bei internationalem Konsens keine Kriegsverbrechen geschehen. Er hält das für eine bloße Behauptung, die nur den Zweck habe, diplomatische Konflikte mit den USA zu vermeiden.

Dem Streit liegt ein Asylantrag des US-Deserteurs Andre Shepherd zugrunde, dessen Fall von der SZ (Sarah Kanning) und der taz (Christian Rath) geschildert wird.

BGH zu Schleusern: Der Bundesgerichtshof bestätigte die Verurteilung von zwei Syrern zu Freiheitsstrafen, weil sie halfen, Landsleute von Griechenland nach Deutschland einzuschleusen. Gegen die Strafbarkeit spreche nicht, dass die syrischen Flüchtlinge in Deutschland fast alle als asylberechtigt anerkannt werden und dass in Griechenland Flüchtlingen derzeit kein ausreichender Schutz gewährt wird. Es berichtet taz.de (Christian Rath).

LG Oldenburg zu Todespfleger: Das Landgericht Oldenburg hat den Krankenpfleger Niels H. wegen mehrfachen Mordes und Mordversuchs zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. H. habe Kranken aus Geltungsdrang ein Herzmedikament gespritzt, um sie anschließend reanimieren zu können. Voraussichtlich wird es noch einen zweiten Prozess gegen H. geben, weil H. neben den fünf zunächst verhandelten Todesfällen inzwischen weitere 90 Morde gestanden hat. Es berichten die Welt (Per Hinrichs), FAZ (Reinhard Bingener) und SZ (Elena Adam).

Annette Ramelsberger (SZ) begrüßt, dass gegen die zunächst zuständigen, aber untätigen Staatsanwälte bereits wegen Strafvereitelung ermittelt wird. "Ermittlungen gegen die Kliniken müssen folgen."

VG Aachen zu Salafist bei der Bundeswehr: Ein salafistischer Zeitsoldat, der von der Bundeswehr entlassen wurde, scheiterte mit seiner Klage beim Verwaltungsgericht Aachen, berichtet sueddeutsche.de (Jannis Brühl). Die Einschätzung, der Soldat sei für den Dienst nicht geeignet, weil er den Koran über das Grundgesetz stelle, liege innerhalb des Ermessensspielraums der Bundeswehr.

BAG zu Verdachtskündigung: Die Anwälte Kira Falter und Alexander Bissels analysieren auf dem Handelsblatt-Rechtsboard ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts von Mitte Februar. Danach ist auch im Ausbildungsverhältnis eine Verdachtskündigung möglich. Bei der erforderlichen Anhörung des Beschäftigten müsse vorab nicht das Gesprächsthema bekanntgegeben werden. Auch die Kontaktierung einer Vertrauensperson müsse nicht ermöglicht werden.

BAG - griechisches Sparprogramm: Das Bundesarbeitsgericht legte dem EuGH die Frage vor, ob das Sparprogramm der griechischen Regierung dazu führen kann, dass sich das Gehalt eines Lehrer an einer griechischen Schule in Deutschland reduziert, meldet lto.de. Konkret geht es um die Anwendung der Rom- I-Verordnung über die Bestimmung des für vertragliche Schuldverhältnisse relevanten nationalen Rechts.

AG Frankfurt - PKH-Betrug: Die Staatsanwaltschaft hatte die Ex-Freundin von Jörg Kachelmann wegen versuchten Betrugs angeklagt. Sie soll künstlich ihr Vermögen reduziert haben, um in Prozessen, die Kachelmann gegen sie angestrengt hatte, Prozesskostenhilfe beantragen zu können. Das Amtsgericht Frankfurt/Main hat das Verfahren allerdings vor zwei Wochen gemäß § 153a Strafprozessordnung eingestellt, berichtet zeit.de (Daniel Müller).

BGH - Trittschall: Am heutigen Freitag wird sich der Bundesgerichtshof mit dem Streit zweier Wohnungseigentümer beschäftigen. In der oberen Wohnung war Teppichboden durch Parkett ersetzt worden. Den Eigentümern der unteren Wohnung ist der Trittschall jetzt zu laut. Die Welt (Kathrin Gotthold) schildert den Fall und mehrere bereits ergangene Urteile zum Thema Trittschall.

LG Nürnberg - Intersexualität: Die Intersexuelle Michaela Raab verklagt vor dem Landgericht Nürnberg das Uniklinikum Erlangen auf 250.000 Euro Schmerzensgeld und eine monatliche Rente. Das Klinikum habe ihr 1994 nicht gesagt, dass sie einen männlichen Chromosomensatz habe und sie dann mit weiblichen Hormonen behandelt, inzwischen sei sie arbeitsunfähig. Über den Prozess berichtet die SZ (Katja Auer).

LG Essen - Achenbach: Im Betrugsprozess gegen den Kunstberater Helge Achenbach hat die Staatsanwaltschaft auf eine siebenjährige Freiheitsstrafe plädiert, meldet das Handelsblatt.

LG Verden - Edathy: Im Interview mit der taz (Christian Rath) kritisiert Rechtsprofessor Matthias Jahn das Angebot der Staatsanwaltschaft, den Kinderporno-Prozess gegen den Ex-Abgeordneten Sebastian Edathy einzustellen, wenn dieser ein Geständnis ablegt. Im Rahmen einer Einstellung gemäß § 153a Strafprozessordnung könne kein Geständnis verlangt werden, so Jahn.

LG München - Deutsche Bank: Das Landgericht München wird die Prozessbetrugs-Anklage gegen aktive und ehemalige Top-Manager der Deutschen Bank wohl zulassen. Das meldet spiegel.de (Dinah Deckstein), am 28. April soll die Hauptverhandlung beginnen. Laut FAZ (Joachim Jahn) bestreite das LG München allerdings, dass bereits eine Entscheidung über die Zulassung gefallen ist.

OLG München - NSU: Die Bundesanwaltschaft wies den Verdacht von Nebenklage-Anwälten zurück, das Land Hessen habe die Verwicklung eines hessischen Verfassungsschützers in den Kasseler NSU-Mord vertuschen wollen. Entsprechende Tonbänder seien einseitig ausgewertet worden. "In der Tat ist im größten Teil der Protokolle keine Rede von Vertuschung", analysiert zeit.de (Tom Sundermann).

LG Duisburg - Loveparade: Hans-Henning Müller (blog.beck.de) berichtet über Probleme bei der Zulassung der Anklage gegen Verantwortliche für die Todesfälle bei der Loveparade 2010. Müller erinnert daran, dass er schon immer davor gewarnt hatte, die Polizei bei der Anklage zu schonen. Das Landgericht scheine dies nun ähnlich zu sehen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. Februar 2015: . In: Legal Tribune Online, 27.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14809 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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