Die juristische Presseschau vom 6. bis 8. August 2016: Reform­vor­schläge zum AGG / Füh­r­er­schein­entzug als Gene­ral­strafe / Vor­mund­schaft für les­bi­sches Paar

08.08.2016

Ein im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle erstelltes Gutachten fordert ein schärferes Antidiskriminierungsrecht. Außerdem in der Presseschau: Diskussion um Führerscheinentzug und Stärkung der Rechte gleichgeschlechtlicher Paare.

Thema des Tages

Reformvorschläge zum Antidiskriminierungsrecht: Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat zum zehnten Jahrestag des Inkrafttretens des AGG einen Evaluationsbericht zum Antidiskriminierungsrecht in Auftrag gegeben, der der Montags-Welt (Dorothea Siems) vorliegt. Die Gutachter vom "Büro für Recht und Wissenschaft" kommen darin zu dem Ergebnis, dass sich das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in den ersten zehn Jahren bewährt habe und die befürchteten negativen Auswirkungen ausgeblieben sind. Jedoch wird auch Reformbedarf gesehen. Da nur wenige von Diskriminierung Betroffene vor Gericht ziehen, wird ein Klagerecht für Verbände und die Antidiskriminierungsstelle vorgeschlagen. Außerdem sollte die bislang für Frauen in Führungspositionen geltende Quote auf andere benachteiligte Gruppen ausgeweitet werden.

In einem gesonderten Kommentar kritisiert Dorothea Siems (Montags-Welt), dass der Evaluationsbericht "kaum stattistische Daten, aber dafür einen ellenlangen Forderungskatalog" enthalte. Die Verfasser seien für einen "scharf linken Kurs" bekannt.

Rechtspolitik

Interview mit Heiko Maas: Der Spiegel (Horand Knaup/Sven Böll) spricht mit Bundesjustizminister Heiko Maas über Sicherheitspolitik, die Debattenkultur in Deutschland sowie sein Verständnis von deutscher Identität. Außerdem äußert sich Maas zum Führerscheinentzug als Sanktion bei "wohlhabenden Straftätern, bei denen eine Geldstrafe keine Wirkung erzielt", sowie zum geplanten Einsatz von Videotechnik in Gerichtssälen. Wer Urteile im Namen des Volkes spricht, müsse keine Angst haben, wenn das Volk dabei zuschaut.

Führerscheinentzug: In einem Kommentar begrüßt Heribert Prantl (Montags-SZ) den Vorschlag von Heiko Maas, den Führerscheinentzug als Sanktion auch für Straftaten einzuführen, die in keinem Zusammenhang zum Straßenverkehr stehen. Die Anwendung des Führerscheinentzugs als Generalstrafe würde die "Fantasielosigkeit des Sanktionensystems, das im Prinzip nur Geld- und Freiheitsstrafen kennt", sprengen und wäre wirkungsvoll.

Auskunftspflicht für soziale Netzwerke: Führende Politiker fordern laut Montags-SZ (Simon Hurtz/Ronen Steinke) und WamS (Martin Lutz/Florian Flade) eine gesetzliche Regelung, die soziale Netzwerke wie Facebook dazu verpflichtet, Behörden im Falle von Ermittlungsverfahren Auskünfte zu erteilen. In einem gesonderten Artikel schildert die WamS (Florian Flade/Martin Lutz/Marcel Pauly) die Schwierigkeiten, die Behörden momentan bei Auskunftsersuchen an Facebook haben. Da das Unternehmen seinen Sitz in den USA habe, sei es nur gegenüber US-Behörden zur Auskunft verpflichtet. Rechtshilfeersuchen an die US-Behörden seien oft langwierig.

Asylrecht: Im Gespräch mit der taz (Jean-Philipp Baeck) äußert sich der auf Asylrecht spezialisierte Rechtsanwalt Jan Sürig zu den letzten Verschärfungen des Asylrechts und zu seiner Arbeit. In der gegenwärtigen Asylrechtsdebatte komme ein Ordnungsdenken zum Ausdruck, nach dem Menschen ohne bestimmten Aufenthaltstitel keine fundamentalen Rechte zustehen.

In eine andere Richtung weist ein Gastbeitrag des Rechtsanwalts und ehemaligen Bundesinnenministers Otto Schilly für das Samstags-Hbl. Er fragt, ob "die Kanzlerin wirklich befugt ist, in eigener Machtvollkommenheit darüber zu entscheiden, ob Personen illegal einreisen dürfen" und fordert, dass sich die Asylpolitik aus der "Verrechtlichung" löst. So könne großzügiger und zielgenauer entschieden werden.

Hartz-IV-Ausschluss für EU-Ausländer: Ein im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbunds erstelltes Rechtsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der von Arbeitsministerin Nahles geplante weitgehende Ausschluss von EU-Ausländern von Hartz-IV-Leistungen gegen Verfassungs- und Europarecht verstößt. Das meldet der Spiegel (Markus Dettmer).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6. bis 8. August 2016: Reformvorschläge zum AGG / Führerscheinentzug als Generalstrafe / Vormundschaft für lesbisches Paar . In: Legal Tribune Online, 08.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20229/ (abgerufen am: 04.07.2024 )

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