Die juristische Presseschau vom 18. September 2015: Org­an­klage gegen Geheim­nis­krä­merei - Recht gegen Asyl­be­werber - EuGH gegen Flug­ver­spä­t­ungen

18.09.2015

Justiz

EuGH zu Flugverspätungen: Der Anspruch auf Entschädigung von Fluggästen wegen Verspätungen besteht auch dann, wenn diese auf unerwarteten technischen Pannen beruhen. Dies entschied der Europäische Gerichtshof in Fortsetzung seiner verbraucherfreundlichen Rechtsprechung zu diesem Thema. Lediglich "außergewöhnliche Umstände" wie Terror- oder Sabotageakte wurden Fluggesellschaften von ihrer Haftung befreien, so die SZ (Wolfgang Janisch). Die EU-Kommission arbeite derweil an einer Neu-Definition der "außergewöhnlichen Umstände". Auch sollten nach den Plänen Entschädigungsansprüche nicht bereits ab drei Stunden Verspätung gewährt werden.

Gerade letzteren Aspekt bezeichnet Wolfgang Janisch (SZ) in einem separaten Kommentar als "dramatischen Rückschritt". Würden die Pläne durchgesetzt, könnte auch das sich zum "Verbrauchergericht" entwickelt habende Luxemburger Gericht nicht mehr gegensteuern.

BGH zu Gema und WEG: Die Musikverwertungsgesellschaft Gema darf von Wohnungseigentümergesellschaften (WEG), die Sendungen über eine Gemeinschaftsantenne empfangen und in Wohnungen weiterleiten, keine Lizenzgebühren verlangen. Auch bei WEG mit mehreren hundert Wohneinheiten sei die Weiterleitung keine öffentliche Wiedergabe, da sie letztlich im privaten Rahmen geschehe, entschied der Bundesgerichtshof nach einer Meldung der SZ.

BVerwG zu Abschiebungen: Asylbewerber, für die nach den Dublin-Regeln ein anderes europäischen Land zuständig ist, dürfen auch weiterhin unmittelbar, d.h. ohne vorherige Androhung dorthin zurückgeschoben werden. Dies entschied das Bundesverwaltungsgericht. zeit.de berichtet.

KG Berlin zu ICE-Geiselnahme: Wegen Geiselnahme in einem ICE-Zug hat das Berliner Kammergericht einen 24-jährigen zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Der Mann war nach den Feststellungen des Gerichts zwar schuldfähig, aber von erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit. Er wird in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik untergebracht, meldet die FAZ.

OLG München zu Nürnberger S-Bahn: Nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts München muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des für den Betrieb der Nürnberger S-Bahn ausgewählten, britischen Privatunternehmens erneut von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft geprüft werden. Das ausgewählte Unternehmen sollte den S-Bahn-Betrieb ab 2018 übernehmen, schreibt das Handelsblatt (Dieter Fockenbrock). lto.de berichtet ebenfalls.

OLG Hamm zu Gefangenengewerkschaft: Die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Grundgesetz gilt auch für Strafgefangene. Dies stellte das Oberlandesgericht Hamm in einer von lawblog.de (Udo Vetter) mitgeteilten Entscheidung klar. Die Zurückhaltung von Beitrittsformularen für eine Gefangenengewerkschaft durch die beklagte Haftanstalt sei nur dann rechtmäßig, wenn von diesen eine Gefahr für den Strafvollzug ausgehe. Ob dies der Fall sei, müsse nun vom Landgericht Krefeld entschieden werden.

LAG Nürnberg zu Raucherpausen: Arbeitnehmer, die Raucherpausen ohne Kenntnis des Arbeitgebers und ohne Lohnabzug einlegen, dürfen nicht darauf vertrauen, dass eine solche Praxis weiterbesteht. Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg aus dem letzten Monat ergibt sich hierfür jedenfalls kein Anspruch aus betrieblicher Übung. lto.de stellt Fall und Entscheidung vor.

GBA – Oktoberfest-Anschlag: In ihrem Thema des Tages widmet sich die SZ (Annette Ramelsberger/Katja Riedel) in zwei Artikeln dem Stand der wiederaufgenommenen Ermittlungen zum Anschlag auf das Oktoberfest 1980. Der erste Beitrag beschreibt die oft mühselige Spurensuche und -sicherung der vom Generalbundesanwalt eingerichteten Sonderkommission "26. September". Gegenstand des zweiten Artikels sind die auch gegenwärtig noch vorhandenen Traumatisierungen vieler Opfer und Zeugen. Offizielle Sachstandsmitteilungen zu den Ermittlungen gibt es aktuell nicht.

Annette Ramelsberger (SZ) bezeichnet die Ermittlungen in einem separaten Kommentar als "Aufräumkommando in der Kriminalgeschichte, eine Putzkolonne in Sachen staatlicher Hygiene". Behörden wie der Verfassungsschutz wollten nun eine Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, die sie im Zuge der NSU-Enthüllungen bei weiten Teilen der Bevölkerung verloren hätten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. September 2015: Organklage gegen Geheimniskrämerei - Recht gegen Asylbewerber - EuGH gegen Flugverspätungen . In: Legal Tribune Online, 18.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16932/ (abgerufen am: 03.07.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen