Die juristische Presseschau vom 15. Oktober 2013: Nachspiel für Bischof – Staatsfernes ZDF – Ruhestätte für Kriegsverbrecher

15.10.2013

Recht in der Welt

Schweiz – Standortnachteil direkte Demokratie: Als ernsthafte Gefährdung der Attraktivität der Schweiz kommentiert Holger Alich (Handelsblatt) im Leitartikel des Blattes die zahlreichen, demnächst anstehenden Volksabstimmungen etwa zu Lohndeckelung, Mindestlohn oder Einwanderungsstopp. Es stehe nicht nur der wirtschaftsfreundliche Ruf des Landes auf dem Spiel, die "recht radikalen" Volksinitiativen würden zudem das Image der Eidgenossenschaft als "verlässlicher Rechtsraum" in Frage stellen.

Argentinien – Kinderraub: Mit einem besonders unmenschlichen Aspekt der argentinischen Militärdiktatur befasst sich die Seite Drei-Reportage der SZ (Peter Burghardt). Vorgestellt wird eine Frau, die als Kind sogenannter Verschwundener im Haushalt des Mörders ihrer leiblichen Eltern aufwuchs und erst als Erwachsene durch einen gerichtlich angeordneten Genvergleich von ihrer wahren Herkunft erfuhr.

Syrien – Rechtswesen: Ein Artikel der taz (Gabriele del Grande) beschreibt Versuche Oppositioneller in Syrien, ein funktionierendes Rechtswesen aufzubauen. Auch für gemäßigt-islamistische Gruppen gelte als "juristische Hauptquelle" das islamische Recht.

Malaysia - "Allah": Nach Entscheidung eines malaysischen Berufungsgerichtes ist es einer christlichen Zeitung des Landes künftig verboten, das Wort "Allah" als Bezeichnung für den christlichen Gott zu verwenden. Die bislang übliche Praxis könne "unnötige Verwirrung" in der muslimischen Gemeinschaft stiften, zitiert die FAZ (Till Fähnders) das Gericht sowie Beobachter, die eine zunehmende Islamisierung des Landes befürchten.

Sonstiges

Insolvenzrecht: Das Handelsblatt (Dieter Fockenbrock) schreibt über Erfahrungen mit dem neuen Insolvenzrecht. Trotz Kritik am vermeintlichen Missbrauch speziell des sogenannten Schutzschirmverfahrens sei ein Fortschritt "unübersehbar", weil eigenverwaltete Insolvenzen viel schneller als Regelinsolvenzen abgeschlossen würden und Gläubiger damit auch schneller an ihr Geld gelangten.

Letzte Ruhe für Kriegsverbrecher: Die taz (DAS) interviewt die Pressesprecherin der brandenburgischen Stadt Hennigsdorf zu einer möglichen Beisetzung des jüngst in Rom verstorbenen NS-Kriegsverbrechers Erich Priebke. Die Friedhofsatzung seiner Geburtsstadt widerspreche dem Ansinnen. Über den heftigen Widerstand der italienische Öffentlichkeit gegen eine Beisetzung in der Nähe des 1944 vom Verstorbenen verübten Massakers schreibt die SZ (Henning Klüver) in ihrem Feuilleton. In Priebkes jahrelangem Wohnort in Argentinien werde eine Bestattung gleichfalls abgelehnt.

Linksliberalismus: Der Richter am Bundesverfassungsgericht Reinhard Gaier bespricht in der Poltisches Buch-Rubrik der SZ einen Essay des SPD-Programmatikers Oliver Schmolke "Zur Freiheit. Ein linksliberales Manifest". Zwar sei der progressive Liberalismus in Deutschland derzeit "unbehaust", als Konzept zur Verbindung von sozialer Gerechtigkeit und Freiheit aber "weder überflüssig noch überholt".

Auschwitz-Prozess: Eine weitere Besprechung der SZ (Ronen Steinke) befasst sich mit der nun vorliegenden Übersetzung von Devin O. Pendas' "Der Auschwitz-Prozess: Völkermord vor Gericht." Der US-amerikanische Historiker habe in seinem "ambitionierten" Anliegen, sowohl die juristischen Aspekte des 1963 in Frankfurt eröffneten Verfahrens als auch dessen gesellschaftliche Auswirkungen darzustellen, zu einer wenig erhellenden Generalkritik ausgeholt.

Muhammad Ali vs. US: In ihrem Medien-Teil bespricht die FAZ (Patrick Bahners) den im kommenden Jahr in Deutschland zu sehenden Dokumentarfilm "Muhammad Ali`s Greatest Fight". Vor dem US-Supreme Court erstritt der Boxer 1971 sein Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus religiösen Gründen. Der Film stelle neben dem Fall die damaligen Richter des "berühmtesten und mächtigsten Gerichts der Welt" vor und erkläre so dessen Funktionsweise.

Das Letzte zum Schluss

Und bist du nicht willig …: Verdeckte Ermittler des FBI haben einer rabiaten Praxis dreier jüdisch-orthodoxer Rabbiner in New Jersey/USA ein vorläufiges Ende gesetzt. Gegen Zahlung einer Prämie engagierten die Rabbiner "schwere Jungs", die mit körperlicher Gewalt ein "Get", die nach den Regeln einiger Glaubensgemeinschaften notwendige Einwilligung von Ehemännern zur Scheidung, erzwangen. Die FAZ (Christiane Heil) erklärt auch den weniger amüsanten Hintergrund: Bestimmte orthodoxe Gemeinden gewährten nur Männern das Recht zur Ehescheidung.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mpi

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. Oktober 2013: . In: Legal Tribune Online, 15.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9802 (abgerufen am: 27.09.2024 )

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