Die juristische Presseschau vom 15. August 2013: "No-Spy" doch ok? – Recht auf Vergessenwerden – Neue Anwälte am BGH

15.08.2013

Weitere Themen – Justiz

Neue Anwälte am BGH: Wie die FAZ (Joachim Jahn) weiß, hat ein Ausschuss des Bundesgerichtshofs neue Anwälte zugelassen, die vor dem obersten deutschen Gericht auftreten dürfen. Von 34 Bewerbern, die die "Endrunde" erreicht hätten, erhielten 16 die Zulassung - "eine Goldgrube". Es werde, wie bereits 2006, mit Konkurrentenklagen der Unterlegenen gerechnet. Kritisiert werde am Verfahren, dass abgelehnte Bewerber nur begrenzte Akteneinsicht erhielten und der Bundesgerichtshof sich über den Wahlausschuss "praktisch selbst aussuchen kann, wer dort auftritt".

Leutheusser-Schnarrenberger: Im Politik-Teil der Zeit porträtiert Heinrich Wefing ganzseitig Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) als Bürgerrechtlerin. Ihr Lebensthema sei Stärke und Schwäche zugleich, insbesondere seit die individuelle Freiheit nicht mehr nur von staatlicher Seite gefährdet würde. Durch den NSA- Skandal werde indes das"Feindbild des Orwellschen Überwachungsstaates" noch einmal bestätigt; weiter geht es um ihre Stellung als "Solitär" in der Partei und ihren Rücktritt angesichts des Großen Lauschangriffs im Jahr 1994.

Entlassungen nach ThUG-Entscheidung: Nach der Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur engen Auslegung des Therapieunterbringungsgesetzes (ThUG) in der vergangenen Woche kommen nun erste nach dem ThUG "Verwahrte" frei. Julia Jüttner (spiegel.de) berichtet. Alle acht in Bayern verwahrten Betroffenen seien etwa nun innerhalb weniger Tage entlassen worden und, so kritisiert es der Rechtsanwalt Adam Ahmed, ohne jegliche Vorbereitung auf das Leben nach der Haft.

OVG Münster zu U-3-Betreuung: Wenn ein Kita-Platz für die Betreuung von Kleinkindern nicht zur Verfügung steht, erfüllt auch der Platz bei einer Tagesmutter den neuen Betreuungsanspruch. Dies entschied laut lto.de das Oberverwaltungsgericht Münster nach einer Beschwerde der Stadt Köln gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln.

OLG Düsseldorf zu Kabel-Fusion: Wie u.a. spiegel.de meldet, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf nach Beschwerden der Telekom und Netcologne die Übernahme von Kabel Baden-Württemberg durch Unitymedia vorerst gestoppt und die Freigabe zur Fusion aufgehoben. Nach Ansicht des OLG reichten die bisherigen Auflagen des Bundeskartellamtes nicht aus, die Verstärkung der marktbeherrschende Stellung Unitymedias zu verhindern. Das OLG ließ keine Revision zu.

Wie das Handelsblatt (Hans-Peter Siebenhaar) berichtet, wolle Unitymedia eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einreichen.

LG Arnsberg zu Degowksi-Entlassung: Über den Anhörungstermin der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg zur Frage einer Haftentlassung des wegen Mordes verurteilten Dieter Degowski, einem der Beteiligten des Gladbecker Geiseldramas, berichtet die FAZ (Reiner Burger). Eine kurzfristige Entlassung stehe nicht an, aber eine Freilassung nach mehreren Jahren "umfassender Entlassungsvorbereitung" sei jedenfalls möglich. Dazu auch die Welt (Tim Röhn).

LG Bielefeld zu fahrlässiger Tötung im PJ: Es sei das erste Mal, "dass ein Mediziner für einen Fehler, der ihm in der Ausbildung unterlief, strafrechtlich verfolgt und belangt wird", so spiegel.de (Michael Billig) zur Verurteilung eines jungen Arztes wegen fahrlässiger Tötung durch das Landgericht Bielefeld im Berufungsverfahren. Der zu 90 Tagessätzen Verurteilte habe einem Säugling während seines Praktischen Jahres fälschlich und ohne Auftrag eine Spritze verabreicht, der daraufhin verstarb. Das Amtsgericht Bielefeld habe den Mann zu 120 Tagessätzen verurteilt, dagegen war er in Berufung gegangen. Bislang, so ein Arzthaftungsrecht-Experte laut spiegel.de, seien Studierende allenfalls zivilrechtlich verklagt worden.

"Wann Studenten spritzen dürfen" erläutert Dennis Ballwieser (spiegel.de) separat.

AG Hannover zu Disko-Einlass: Das Amtsgericht Hannover hat einem von einer Diskothek in Hannover abgewiesenen Gast, ein Deutscher kurdischer Herkunft, einen Unterlassungsanspruch für die Zukunft sowie 1.000 Euro Schadenersatz wegen Verletzung des § 21 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz zugesprochen. Dazu lto.de. Männer mit "Migrationshintergrund" seien in der Disko nicht erwünscht gewesen.

Sollte dem Kläger zukünftig der Zutritt  - ohne Vorliegen eines zwingenden Grund, der in keinem Zusammenhang mit seiner Herkunft stehen dürfe - verweigert werden, drohe ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro, ist auf dem Sozialrechtsexperte-Blog (Ludwig Zimmermann) zu erfahren.

AG Kassel spricht Meese frei: Der wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen angeklagte Künstler Jonathan Meese ist vom Amtsgericht Kassel freigesprochen worden, meldet spiegel.de. Meese hatte bei der Veranstaltung "Größenwahn in der Kunst" zweimal den Hitlergruß gezeigt. Meese habe, so das Gericht laut spiegel.de, den Gruß im Spott und im Dienste der Kunst gezeigt. Eine ausführliche Einordnung findet sich in der Badischen Zeitung (Christian Rath).

OVG Münster – Abfallentsorgung: Die taz (Heike Holdinghausen) berichtet über eine für Donnerstag angesetzte Verhandlung eines Streits zwischen dem Bürgermeister von Neuss, Herbert Napp (CDU), und dem Rhein-Kreis Neuss zur Frage, wer vorrangig für die Abfallentsorgung zuständig ist. Der Bürgermeister wehre sich gegen eine Bevorzugung der Kommunen, wie sie das seit 2012 geltende Kreislaufwirtschaftsgesetz für die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushalten vorsehe. 

"Strafsache Kinderwunsch": In der Zeit (Martin Spiewak) findet sich ein ganzseitiger Beitrag zum Stand des deutschen Embryonenschutzgesetzes, das noch aus dem "Mittelalter der Fortpflanzungsmedizin" stammte und etwa Eizellenspenden verbiete und den sich häufenden Ermittlungen von Staatsanwaltschaften gegen Ärzte und Berater. 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. August 2013: "No-Spy" doch ok? – Recht auf Vergessenwerden – Neue Anwälte am BGH . In: Legal Tribune Online, 15.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9361/ (abgerufen am: 02.07.2024 )

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