Die juristische Presseschau vom 12. September 2017: Anklage gegen Auf­klärung? / Nach­sich­tige StA / Repa­ra­tionen an Polen?

12.09.2017

Recht in der Welt

Polen – Reparationen: Nach einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des polnischen Abgeordnetenhauses Sejm ist Deutschland nach wie vor zur Leistung von Kriegsreparationen an Polen verpflichtet. Eine Verzichtserklärung der Volksrepublik aus dem Jahr 1953 habe nur gegenüber der DDR gegolten und sei zudem auch verfassungswidrig beschlossen worden, so die FAZ über das Gutachten. Ein weiterer Beitrag der FAZ (Reinhard Müller/Reinhard Veser) stellt die rechtlichen Positionen Polens und der Bundesrepublik zur Frage vertieft dar, spiegel.de (Jan Puhl) gibt gleichfalls einen Überblick zu den Fakten. Im Leitartikel bezeichnet es Reinhard Veser (FAZ) "zumindest unangemessen", gegenüber den durch das nationalsozialistische Deutschland in Polen verübten Verbrechen "kühl und ausschließlich mit rechtlichen Argumenten" aufzutreten. Gleichwohl müsse sich die deutsche Regierung gegen die jetzigen Forderungen "auch juristisch zur Wehr setzen". Weil Polen nicht das einzige Opfer nationalsozialistischer Aggression gewesen sei, bestünde die Gefahr weiterer Ansprüche und damit eine Überforderung selbst für die wirtschaftlich starke Bundesrepublik.

Türkei – Cumhuriyet: Über den Fortgang des Strafverfahrens gegen Mitarbeiter der türkischen Zeitung "Cumhuriyet" berichtet unter anderem die Welt (Ali Celikkan/Gültem Sarin). Die vernommenen Zeugen hätten dargelegt, dass ihre früheren Aussagen aus dem Kontext gerissen worden seien und sie keineswegs beabsichtigt hätten, die Zeitung mit dem Terrorismus in Verbindung zu bringen.

Israel – Familie Netanjahu: Die SZ (Moritz Baumstieger) berichtet über zahlreiche Ermittlungen gegen Familienmitglieder des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Der Generalstaatsanwalt des Landes ermittle gegen Frau Netanjahu in mehreren Komplexen und habe eine Anklage wegen Veruntreuung angekündigt. Der Premier habe sich in unerlaubten Maße von Unternehmern beschenken lassen, auch hier drohe eine Anklage.

Sonstiges

Richterscore: Die FAZ (Hendrik Wieduwilt) berichtet über die bislang erfolglosen Bemühungen der Plattform Richterscore, von der Berliner Justizverwaltung Namen, Alter und Zuständigkeiten von Richtern des Bundeslandes zu erfahren. Der Senat habe datenschutzrechtliche Bedenken angemeldet und warte eine Untersuchung des Datenschutzbeauftragten über die Plattform ab. Der Vertreter von Richterscore mache dagegen einen Auskunftsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz geltend.

AfD: In einem Kommentar bezeichnet es Reinhard Müller (FAZ) als "Dilemma", wenn sich eine verfassungsfeindliche Bewegung auf den Marsch "durch die Institutionen" macht. Sei sie erst an der Macht, ließe sich "kaum noch gegensteuern"; andererseits sei "aus guten Gründen" nur das Bundesverfassungsgericht für ein Verbot zuständig. Bei der AfD erschrecke "bisweilen" der angekündigte Umgang mit dem politischen Gegner, ihr Programm indes sehe weder die Abschaffung der Menschenwürde noch "ein völlig anderes System vor". Damit nutze sie den vom Grundgesetz eröffneten Weg der freien Auseinandersetzung.

Das Letzte zum Schluss

Bürofee: Benachteiligt die Ausschreibung einer Stelle der "Bürofee" ohne den Zusatz "(m/w)" männliche Bewerber? Nicht nach der Ansicht des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz. In einem Urteil vom März führte es aus, dass es an der für eine Geschlechterdiskriminierung notwendigen "überwiegenden Verkehrsanschauung", derzufolge Feen nur Frauen sein könnten, fehle. Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder (blaufelder.de) berichtet.

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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mpi

(Hinweis für Journalisten)

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 12. September 2017: Anklage gegen Aufklärung? / Nachsichtige StA / Reparationen an Polen? . In: Legal Tribune Online, 12.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24391/ (abgerufen am: 04.07.2024 )

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