Unternehmen sollen künftig menschenrechtlich verpflichtet werden. Außerdem in der Presseschau: Anzeige gegen Waffenhersteller beim IStGH und Ex-Bundesrichter Fischer kritisiert Polizei und Medien nach dem tödlichen Angriff von Augsburg.
BVerwG – Jahresrückblick: lto.de (Hasso Suliak) bringt den nächsten Jahresrückblick in Gestalt einer Liste der zehn wichtigsten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2019. An erster Stelle steht das Verfahren gegen die deutsche Fußball Liga (DFL) zur Kostenübernahme bei Hochrisikospielen.
LAG Berlin-Brandenburg zu Lehrer mit Nazi-Tattoo: Nach Berichten von spiegel.de, taz (Jonas Julino) und SZ (Jan Heidtmann) hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg im Berufungsverfahren entschieden, dass die Kündigung eines Lehrers mit Nazi-Tattoos wegen eines Formfehlers nicht rechtmäßig war. Der Kündigung hätte eine Abmahnung unter Mitteilung des Kündigungsgrundes vorausgehen müssen. Der Kläger trägt die Losung der SS "Meine Ehre heißt Treue", sowie das nationalsozialistische Ersatzsymbol "Schwarze Sonne" als Tattoo auf dem Oberkörper und hatte diese auch öffentlich gezeigt, weshalb er sich auch strafrechtlich verantworten muss.
LG München I zu Bushido/Fler: Das Landgericht München I hat in der Klage der Ehefrau des Rappers Bushido, Anna-Maria Ferchichi, und deren vier Kindern gegen den Rapper Fler entschieden. Dieser hatte sich in einem Songtext abfällig über Ferchichi geäußert und angezweifelt, dass Bushido Vater der Kinder sei. In der Abwägung von Persönlichkeitsrecht und Kunstfreiheit gab das Gericht dem Antrag auf einstweilige Verfügung statt. Ausschlaggebend waren die Persönlichkeitsrechte der Kinder, die sich – anders als die Ehefrau Bushidos – nicht an dem Konflikt beteiligt hatten. Es berichten FAZ (Sebastian Eder), SZ (Stephan Handel), spiegel.de und lto.de.
LG Köln zu Helmut Kohl: Das Landgericht Köln hat einer weiteren Klage der Witwe des Ex-Bundeskanzlers, Maike Kohl-Richter, zum Teil stattgegeben (FAZ (Reiner Burger), spiegel.de (Christian Parth) und lto.de). Danach darf der Autor Heribert Schwan weitere Passagen aus seinem Buch "Die Kohl-Protokolle" nicht weiter verbreiten und muss eventuelle bereits mit dem Buch erzielte Gewinne offenlegen, um eventuelle Schadensersatzansprüche darauf zu stützen. Nicht in Anspruch genommen werden können laut Gericht der Ko-Autor und der Verlag Random House, da es an hier einer vertraglichen Bindung fehle und das postmortale Persönlichkeitsrecht Helmut Kohls im konkreten Fall nicht verletzt worden sei. Beide Parteien wollen in Berufung gehen.
VGH München zum Bayerischen Integrationsgesetz: Ahmad Mansour (Zeit) greift nochmals das Urteil des bayerischen Verfassungsgerichtshofs auf, der das bayerische Integrationsgesetz für zum Teil für nicht mit der Landesverfassung vereinbar erklärte. Das Urteil sei ein Fehler. Es sei die "Bringschuld" der Zugewanderten, sich in das Land einzufügen, und dies erfordere Konsequenz.
BVerfG: Die BadZ (Christian Rath) berichtet von einem lebhaften Streitgespräch zwischen dem Freiburger Anwalt Kleine-Cosack und der Verfassungsrichterin Yvonne Ott über einen von Kleine-Cosack behaupteten Bedeutungsverlust des Bundesverfassungsgerichts und darüber, wie das Gericht – gegebenenfalls durch grundgesetzliche Änderungen – vor populistischen Einflussnahmen geschützt werden kann.
Recht in der Welt
Österreich – Staatstrojaner: netzpolitik.org (Alexander Fanta) erläutert das Urteil des österreichischen Verfassungsgerichtshofs, wonach der Einsatz eines sogenannten Staatstrojaners sowie das Betreten von Räumlichkeiten zur Installation anderer Überwachungssoftware sowie die massenhafte Erhebung und Speicherung von Daten im Straßenverkehr unverhältnismäßig und daher verfassungswidrig sei.
Polen – Rechtsstaatlichkeit: Die Zeit (Olivia Kortas/Heinrich Wefing) nimmt den Verfassungskonflikt in Polen in den Blick und geht auf die Folgen ein, die eine vom Obersten Gericht in Warschau getroffene Entscheidung für die Rechtsstaatlichkeit im Land haben könnte. Das Oberste Gericht hatte sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gestützt und die Disziplinarkammer am obersten Gericht und den Landesjustizrat für unrechtmäßig, da politisch abhängig, erklärt. Die Zeit hält fest, es "stünde die Herrschaft des Rechts in Europa infrage", sollte sich die polnische Regierung über diese Entscheidung hinwegsetzen.
Auf verfassungsblog.de richten die Rechtswissenschaftler Laurent Pech, Kim Lane Scheppele und Wojciech Sadurski einen offenen Brief (in englischer Sprache) an die Präsidentin der Europäischen Kommission, in der sie die Notwendigkeit, umgehend Maßnahmen gegen Polen im Rahmen des Rechtsstaatsverfahren gegen das Land zu ergreifen, darlegen.
EuGH – Kroatien/Slowenien: Laut lto.de hat der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof nun seine Schlussanträge in einem Verfahren um den Grenzverlauf zwischen Kroatien und Slowenien vorgelegt. Er legt darin dar, dass die beiden Staaten die Frage der Abgrenzung des jeweiligen Hoheitsgebiets völkerrechtlich zu klären hätten. Die Zuständigkeit der EU und damit des Europäischen Gerichtshofs sei nicht berührt.
IGH – Rohingya: Unter anderem FAZ (Till Fähnders), SZ (Arne Perras) und spiegel.de (Katrin Kuntz) haben den Auftritt der Regierungschefin Myanmars, Aung San Suu Kyi, vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag verfolgt. Gambia hatte Klage gegen Myanmar wegen Völkermordes an der muslimischen Minderheit der Rohingya erhoben. Insbesondere soll es vorerst um die Frage gehen, ob unmittelbare Schritte zum Schutz der Rohingya einzuleiten sind. Die Regierungschefin habe vor den UN-Gericht alle Vorwürfe gegen das Militär ihres Landes abgestritten und sich auf die Aussage gestützt, es habe sich bei den Aktionen der Militärs um Vertreibungen Aufständischer gehandelt.
Indien – Staatsangehörigkeitsgesetz: Die beiden Kammern des indischen Parlaments haben trotz vielfacher Proteste einer umstrittenen Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts zugestimmt, wonach es illegalen Einwanderern aus Afghanistan, Bangladesch und Pakistan, die vor 2014 nach Indien gekommen sind, künftig erleichtert werden soll, die indische Staatsangehörigkeit zu erhalten – allerdings nur, wenn sie nicht-muslimischen Minderheiten angehören. spiegel.de und zeit.de berichten.
USA – Impeachment: In der Zeit (Kerstin Kohlenberg) ist ein Interview mit dem US-Rechtsprofessor Jeffrey Rosen zu lesen, worin dieser die für das Impeachment-Verfahren vorgesehenen Regeln, insbesondere im Unterschied zu einem Gerichtsverfahren, erläutert und aufzeigt, warum die Anklage gegen Trump zuletzt auf zwei Punkte reduziert wurde.
USA – Exxon Mobil: Laut spiegel.de hat ein New Yorker Gericht in einem Verfahren wegen Anlegertäuschung durch Falschangaben zum Klimawandel den US-Ölkonzern Exxon Mobil mangels ausreichender Beweise freigesprochen.
Sonstiges
Tödlicher Angriff von Augsburg: Der ehemalige Bundesrichter Thomas Fischer kritisiert in seiner spiegel.de-Kolumne, dass das Tötungsdelikt von Augsburg von der Polizei als "Totschlag" und nicht als "Körperverletzung mit Todesfolge" eingestuft wurde. Für bedenklich hält er auch die von der Polizei betonte Solidarität innerhalb des "Blaulichtsektors". Das Tatopfer sei als Privatperson, nicht als Feuerwehrmann angegriffen worden. Fischer konstatiert abschließend: "Auf der Strecke bleiben dabei die Betroffenen: Die Tatopfer, aber auch die Beschuldigten. Sie werden zu Spielbällen einer willkürlich, zufällig und zynisch erscheinenden Konstruktion von Medien-Wirklichkeit erniedrigt."
E-Scooter: Laut SZ (Wolfgang Janisch) könnte künftig das Abstellen von Leihrollern am Straßenrand über das straßenrechtliche Instrument der Sondernutzungserlaubnis reguliert werden. Die Stadt Bremen habe als erste Kommune auf dieser Grundlage befristete Genehmigungen erteilt, Düsseldorf und Berlin prüften die Möglichkeit.
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lto/cc
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Die juristische Presseschau vom 12. Dezember 2019: Bald Eckpunkte für Lieferkettengesetz / Anzeige wegen Rüstungsexporten / Fischer zu Augsburg . In: Legal Tribune Online, 12.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39197/ (abgerufen am: 04.07.2024 )
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