Die juristische Presseschau vom 20. bis 22. Juli 2024: IGH zu israe­li­scher Besat­zung / Bund muss für Masken zahlen / Jérôme Boa­teng ver­ur­teilt

22.07.2024

Der IGH hält die israelische Besatzung im Westjordanland und Ost-Jerusalem für illegal. Das OLG Köln verurteilte den Bund erneut zur Bezahlung von Coronamasken. Boateng wurde wegen Körperverletzung zu Geldstrafe auf Bewährung verurteilt.

Thema des Tages

IGH/Israel - Besatzung palästinensischer Gebiete: Die seit 1967 andauernde israelische Besatzung im Westjordanland und in Ost-Jerusalem ist heute illegal und muss so schnell wie möglich beendet werden, erklärte der Internationale Gerichtshof in Den Haag in einem Gutachten, das die UN-Generalversammlung in Auftrag gegeben hatte. Eine Besatzung müsse zeitlich befristet sein, Israels Besatzungspolitik ziele aber faktisch auf eine Annexion ab. Israel habe schon durch die Legalisierung und Unterstützung der israelischen Siedlungen gegen seine Pflichten als Besatzungsmacht verstoßen. Unzulässig sei auch, dass in den israelischen Siedlungen israelisches Recht gilt, obwohl im besetzten Gebiet grundsätzlich das bisherige Recht weitergelten müsse. Außerdem sei die Verdrängung von Palästinenser:innen illegal gewesen und zudem habe Israel völlig versagt, die Gewalt von Siedler:innen gegen Palästinenser:innen zu verhindern und zu ahnden. Israel verstoße auch gegen das Abkommen gegen Rassendiskriminierung, wobei der IGH offen lässt, ob die Situation in den besetzten Gebieten die Definition von Apartheid erfüllt. Im Zentrum des Gutachtens standen die Verhältnisse im Westjordanland und in Ost-Jerusalem, weil Israel bereits 2005 aus dem Gaza-Streifen abgezogen war. Der aktuelle Gaza-Krieg spielte im Gutachten keine Rolle. IGH-Gutachten sind nicht rechtlich verpflichtend, aber allgemein anerkannt. Es berichten Mo-FAZ (Christian Meier/Alexander Haneke), Sa-SZ (Ronen Steinke), Mo-taz (Christian Rath), spiegel.detagesschau.de (Max Bauer/Christoph Kehlbach u.a.) und LTO.

Das internationale Standing Israels, sei mit dem IGH-Urteil entscheidend geschwächt worden, kommentiert Judith Poppe (Mo-taz). Die Isolation könnte noch größer werden. Das Votum des Internationalen Gerichtshofs sei ein klares Zeichen, wo die Grenzen rechtmäßiger Besatzung liegen, meint auch Alexander Haneke (Sa-FAZ). Die habe Israel in vielen Bereichen überschritten.

Rechtspolitik

Mord: Den Vorstoß der Unionsfraktionen für eine Änderung des Mordparagrafen im StGB erläutert nun auch die Mo-Welt (Ricarda Breyton). Eine Tat soll auch dann als Mord gelten, wenn der Täter sein Opfer "unter Ausnutzung der körperlichen Überlegenheit tötet". Es sei ein Missstand, dass Tötungen von Frauen oder Kleinkindern bislang vielfach gerade nicht als Mord bestraft werden können, wird der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Günter Krings, zitiert.

Cannabis: Das Cannabisgesetz stößt bei Strafverfolgern auf Kritik. So beklagt der Leiter der Staatsanwaltschaft München 1, Hans Kornprobst, dass es jetzt schwieriger sei, "auf Jugendliche einzuwirken". Wenn früher ein Minderjähriger mit Cannabis erwischt wurde, "konnten wir ihn dazu zwingen, eine Beratungsstelle aufzusuchen", so der Leitende Oberstaatsanwalt, "diese Möglichkeit gibt es strafrechtlich nicht mehr", die Beratung sei nun freiwillig. Im Interview mit der FAS (Reiner Burger) bezeichnet Oliver Huth vom Bund Deutscher Kriminalbeamten die Neuregelung als "Mischung aus Strafverfolgungsbehinderung und Ressourcenbindung". Es würden immer weniger Kontrollen stattfinden und weil es auf absehbare Zeit kaum legalen Stoff gebe, funktioniere das Gesetz wie "ein Konjunkturprogramm für den Schwarzmarkt".

Ausgerechnet in der Hauptstadt Berlin sorge ein Zuständigkeitschaos dafür, dass das zugrundeliegende Bundesgesetz nicht umgesetzt werden könne, berichtet LTO (Hasso Suliak). Die dort zuständige Gesundheitsverwaltung stehe auf dem Standpunkt, dass nicht eine von ihr zu bestimmende Landesbehörde, sondern die Bezirke für das Erlaubnisverfahren für die Anbauvereinigungen zuständig sein sollen. Dass sie sich um das komplizierte Verfahren kümmern sollen, hätten die Bezirke aber erst drei Tage vor Inkrafttreten der neuen Regelung erfahren. Und eine der Zuständigkeitsübertragung zugrundeliegende Verordnung existiere bis heute in Berlin nicht.

Staatsleistungen an Kirchen: Dass die im Koalitionsvertrag angekündigte Ablösung der Staatsleistungen an Kirchen möglicherweise vor dem Aus steht, hat die Sa-FAZ erfahren. Staatsleistungen erhalten die Kirchen als Entschädigung für die Enteignung kirchlicher Güter und Grundstücke im Zuge der Säkularisierung vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts. Das Grundgesetz enthält einen aus der Weimarer Reichsverfassung übernommenen Auftrag, diese Zahlungen abzulösen. Eine Ablösung könnte die Länder mehrere Milliarden Euro kosten.

Bundeshaushalt: Rechtsprofessor Johannes Hellermann wurde von der Bundesregierung mit der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Haushaltspläne der Ampel-Koalition beauftragt. Es gehe um eine lange umstrittene Haushaltslücke von acht Milliarden Euro, die geschlossen werden soll, indem für Investitionen in Schiene und Straße nur noch Kredite vergeben werden und außerdem von der staatlichen Förderbank KfW das Geld, das für die Energiepreisbremsen nicht gebraucht wurde, zurückholt werden soll. Die FAS (Ralph Bollmann) erläutert, warum der Name Hellermann ein Hinweis darauf sein könnte, dass es Lindner "mit der Benennung des Gutachters nicht von vornherein auf ein Scheitern der Pläne angelegt habe". Hellermann hatte sich bereits vor der entsprechenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes für eine flexiblere Auslegung der Schuldenbremse ausgesprochen.

Justiz

OLG Köln zu Maskenbeschaffung: Das Oberlandesgericht Köln hat den Bund dazu verurteilt, rund 86 Millionen Euro plus Zinsen an einen Maskenlieferanten zu zahlen. Geklagt hatte die Handelsfirma ILTS, die im Frühjahr 2020 an einer Open House-Ausschreibung teilgenommen hatte, in der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Bezahlung von 4,50 Euro pro Maske versprach. Der Rücktritt des Bundes vom Vertrag sei unwirksam, weil er zunächst hätte eine Frist setzen müssen. Es ist bereits die zweite Niederlage dieser Art beim OLG Köln binnen weniger Wochen. Insgesamt stehen für den Staat bei rund 100 Klagen gegen das Gesundheitsministerium mindestens 2,3 Milliarden Euro auf dem Spiel. Sa-SZ (Markus Grill/Klaus Ott) und spiegel.de berichten.

Die Sa-FAZ (Christian Geinitz) hat erfahren, dass der Bund im Laufe der Prozesse die Anwälte wechselt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe sich über deren Arbeit enttäuscht gezeigt und angesichts der Rückschläge vor Gericht eine neue Rechtsstrategie verfolgt, heißt es im Artikel. Die Ablösung von Anwälten sei angesichts des speziellen Vertrauensverhältnisses ohne Vertragsstrafen des Mandanten möglich, es entstünden aber trotzdem hohe Kosten. Vorige Woche hatte Lauterbach die ehemalige Justiz-Staatsekretärin Margarete Sudhoff (SPD) mit der Aufarbeitung der Maskenbeschaffung beauftragt.

LG München I zu Jérôme Boateng: Das Landgericht München I hat den früheren Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng am Freitag wegen vorsätzlicher Körperverletzung schuldig gesprochen und ihn deswegen verwarnt. Verstößt Boateng gegen die verhängten Auflagen – er soll je 50.000 Euro an zwei gemeinnützige Organisationen zahlen, muss er eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5.000 Euro zahlen. Der Fußballprofi soll seine frühere Partnerin, die Mutter seiner Zwillingstöchter, 2018 in einem gemeinsamen Urlaub attackiert haben, Boateng hatte die Vorwürfe bestritten. Sa-FAZ (Karin Truscheit), Sa-SZ (Jana Stegemann), spiegel.de (Jan Friedmann/Julia Jüttner) und LTO berichten.

Nach drei Jahren gebe es in diesem Verfahren nur Verlierer, kommentiert Jana Stegemann (Sa-SZ). Da wäre zuerst der Angeklagte selbst, dessen Image zerstört sei, aber auch die Prozesse selbst seien unprofessionell geführt worden. Völlig unnötig hätten alle Prozessbeteiligten mit Erlaubnis der Richterin noch mehr intime Details aus den familiengerichtlichen Auseinandersetzungen, dem Kasia-Lenhardt-Verfahren und Podcasts über diese Causa hervorgekramt. Da sei es schon lange nicht mehr um den ursprünglich angeklagten Vorfall gegangen. Mit einem ziemlich milden Urteil sei der Prozess gegen Boateng geendet, findet Carolina Schwarz (Mo-taz). Die Richterin habe beschlossen, kein Zeichen gegen häusliche Gewalt und Machtmissbrauch zu setzen, sondern stattdessen das Bild eines Mannes zu zeichnen, dem ein einmaliger Fehler unterlaufen sei.

BGH zu Halten am Straßenrand: Nun erläutert auch LTO (Xenia Piperidou) eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Übertragbarkeit der sog. Lückenrechtsprechung. Ein am Straßenrand parkender LKW sei keine stockende Kolonne. Im vorliegenden Fall war die Lücken-Rechtsprechung (die die Schuld beim Unfall nach seitlichem Herausfahren aus zäh fließendem Verkehr verteilt) daher nicht anwendbar. 

BGH zu Prozesskosten im WEG-Streit: Auch der in einem Rechtsstreit gegen die WEG obsiegende Eigentümer muss sich anteilig an den Prozesskosten beteiligen. Das entschied der Bundesgerichtshof. Nach dem Gesetz über das Wohnungseigentum in der seit Ende 2020 geltenden Fassung gehören Prozesskosten zu den gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG auf alle Wohnungseigentümer:innen umzulegenden Verwaltungskosten. Sa-FAZ und beck-aktuell (Joachim Jahn) berichten.

OLG München – Umsturzpläne/Reuß: Die 70-jährige Astrologin Hilde Leiding hat ihre Beteiligung an den Umsturzplänen der Gruppe Reuß gestanden. Die Mo-SZ (Benedikt Warmbrunn) schildert ihre Aussagen ausführlich in einem Seite-Drei-Beitrag.

LG Hamburg zu "Wordle": Vor dem Landgericht Hamburg hat die New York Times einen Rechtsstreit um die Namensrechte des Rätselspiels "Wordle" verloren. Der deutsche Rätselmacher Stefan Heine hatte am selben Tag wie die New York Times seine Rechte beim Markenamt angemeldet. Deshalb, so das Gericht, verfüge das Blatt über keine "prioritätsbesseren" Rechte an dem Titel. Der Prozess dürfte wohl in die nächste Instanz gehen, heißt es in der Sa-SZ (Wolfgang Janisch).

LG Hamburg zu Klimaprotesten/Gewahrsam: Das Landgericht Hamburg hat die Ingewahrsamnahme eines Klimaaktivisten der "Letzten Generation" für unverhältnismäßig erklärt. Durch die Ingewahrsamnahme sollte der Aktivist daran gehindert werden, sich erneut auf einer Straße festzukleben. Das LG hat nun laut spiegel.de festgestellt, dass ein Präventivgewahrsam nur begründet sei, wenn "nachvollziehbare, bestimmte Tatsachen vorliegen", die annehmen lassen, "dass der Schaden sofort oder in allernächster Zeit und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten wird". Diese besonderen Anforderungen seien im konkreten Fall nicht erfüllt gewesen.

LG Braunschweig – Ex-VW-Chef Winterkorn: Rund sechs Wochen vor dem Prozessauftakt wegen Betrugs und Marktmanipulation im Dieselskandal ist der frühere VW-Chef Martin Winterkorn offenbar erneut gesundheitlich stark angeschlagen, berichtet der Spiegel und fragt, ob der 77-Jährige fit genug sei, um beim Prozess gegen ihn vor Gericht zu erscheinen. Laut einem Gerichtssprecher soll bisher am Prozessauftakt am 3. September festgehalten werden.

Richter Bengt Fuchs: Der Verdacht, dass der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Gera, Bengt Fuchs, identisch ist mit einem Verfasser rassistischer und homophober Posts in Korporierten-Foren erhärtet sich laut Mo-taz (Andreas Speit). So habe sich ein Bengt Fuchs auf der Internetplattform "Tradition mit Zukunft" mit seiner Dienstadresse registrieren lassen. Der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts hatte bisher bestritten, jener Nutzer zu sein, und sprach von einer "Manipulation". Das Gericht und der Vizepräsident stehen schon länger wegen Entscheidungen in Asylverfahren in der Kritik.

Corona-Maßnahmen vor Gericht: Ronen Steinke (Sa-SZ) erinnert in seiner Kolumne "Vor Gericht" an die Auseinandersetzungen um die Corona-Schutz-Maßnahmen, die nicht selten auch vor Gericht landeten. In der Pandemie wurden die Gerichte geradezu bestürmt. Im Streit ging es oft um scheinbare Kleinigkeiten: Maskenverstöße, 50 Euro Geldbuße nach dem Infektionsschutzgesetz, solche Dinge, schreibt Steinke. Er berichtet von Verfahren, in denen Anwält:innen das Geld ihrer Mandanten "verpulverten", und durch die dennoch Kläger:innen der Glaube in den Rechtsstaat erhalten wurde - weil ihnen zugehört wurde.

Recht in der Welt

Russland - Evan Gershkovich: Der amerikanische Reporter Evan Gershkovich (Wall Street Journal) wurde von einem russischen Gericht zu einer langjährigen Haftstrafe wegen Spionage verurteilt. Gershkovich wurde bereits im März 2023 verhaftet und sitzt seitdem in Haft. Die russische Regierung hatte in der Vergangenheit erklärt, der Journalist sei auf frischer Tat ertappt worden, dazu aber keine Beweise veröffentlicht. Sa-FAZ (Friedrich Schmidt), Sa-SZ (Silke Bigalke), Sa-taz (Inna Hartwich) und spiegel.de (Christina Hebel) berichten über den Prozess.

Belarus – Todesurteil gegen Deutschen: Ein deutscher Staatsbürger wurde in der belarussischen Hauptstadt Minsk zum Tode verurteilt, wie die Sa-FAZ meldet. Dem Mann, der als Notfallsanitäter für das Deutsche Rote Kreuz tätig sein soll, wurde u.a. "Terrorismus" und "Agententätigkeit" vorgeworfen. Bislang sei unklar, ob die Machthaber in Minsk bezweckten, den verurteilten Deutschen gegen im Westen inhaftierte Belarussen oder Russen auszutauschen. Wie die Mo-FAZ berichtet, werden derzeit zwischen Berlin und Minsk "Lösungsvorschläge" erarbeitet.

Juristische Ausbildung

Tauchstation im Referendariat: Bayern will der Praxis der so genannten "Tauchstation", in der sich Examenskandidat:innen zum Lernen freistellen lassen, entgegenwirken. Wie LTO-Karriere (Xenia Piperidou/Marcel Schneider) berichtet, sollen die Ausbilder:innen während der Anwaltsstation dazu angehalten werden, das sogenannte Tauchen nicht mehr zu gestatten. Jedoch zeige sich das Ministerium offen für mehr Flexibilität in der letzten Phase der Anwaltsstation. 

Long Covid im Referendariat: LTO-Karriere (Maryam Kamil Abdulsalam) berichtet über die Erfahrungen einer Referendarin mit Long Covid. Sie hat das Referendariat mit Symptomen und vielen Fehltagen durchlaufen. Für das bayerische Landesjustizprüfungsamt aber komme die Gewährung einer Arbeitszeitverlängerung bei Prüfungen nicht in Betracht.

Sonstiges

Juve-Rankings: Im Interview mit LTO (Tanja Podolski) versucht Juve-Geschäftsführer Jörn Poppelbaum zu erklären, wie der Verlag seinen "Super-Gau" – ein Mitarbeiter hatte Kanzleien seine Bewertungstexte für eine Ranking-Publikation "zur Abstimmung" vorgelegt – aufgearbeitet hat. Man habe die internen Richtlinien präzisiert und verschärft, zudem sei die Sensibilität durch den Vorfall nochmal gestiegen, sodass er glaube, dass niemand mehr wage, Texte abzustimmen.

Compact-Verbot: Wegen eines möglichen Eingriffs in die Pressefreiheit ist das Verbot des Magazins "Compact" unter Juristen umstritten, heißt es in einer entsprechenden Analyse auf spiegel.de (Dietmar Hipp/Johannes Leininger). Auch die WamS (Alexander Dinger/Kevin Culina/Benjamin Stibi) widmet sich der Debatte. Die Frage sei, wie verfassungsrechtlich damit umzugehen ist, dass hier nicht nur irgendein Verein, sondern faktisch auch ein Magazin verboten wurde. Da ein Verbot von Medien in den Pressegesetzen nicht vorgesehen sei, habe das BMI den Umweg über das Vereinsgesetz genutzt. Zitiert werden im Text jeweils Stimmen, die dieses Vorgehen für zulässig beziehungsweise für unzulässig halten. Außerdem wird die Rolle des Mediums und die Auswirkungen des Verbots in der rechtsextremen Szene beleuchtet. taz-blogs (Detlef Georgia Schulze) setzt seine rechtlichen Bewertung des Verbotes fort.

Für Problematisch hält es die Habilitandin Paula Rhein-Fischer im Verfassungsblog, wenn Vereinsverbote  – worauf im vorliegenden Fall einiges hindeute – als Vehikel eingesetzt werden, um etwas zu erreichen, das sich nicht mit den eigentlich dafür vorgesehenen Mitteln der Rechtsordnung erreichen lässt. Schon der Anschein, der Rechtsstaat überdehne seine Möglichkeiten, stärke letztlich Rechtsextreme und -populisten, warnt sie. Ein Verbot auf Grundlage der vom Bundesinnenministerium genannten Verbotsgründe sei zulässig, wenn die Verbotsadressaten auf eine die Menschenwürde einzelner Personen oder Personengruppen verletzende Weise planvoll gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung agitiert haben, meint Rechtsprofessor Thorsten Koch im Verfassungsblog. Ob sich diese Voraussetzungen nachweisen lassen, werden ggf. das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden haben.

Jost Müller-Neuhof (tagesspiegel.de) weist darauf hin, dass die zuständigen Behörden kein Ermessen haben: Sie müssten verbieten, wenn sich eine Vereinigung – wie es Compact vorgeworfen werde – gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet. Laut Vereinsgesetz seien dabei auch ausdrücklich "Wirtschaftsvereinigungen" verbotsfähig. Die Bundesinnenministerin könne daher etwaigen gerichtlichen Verfahren gelassen entgegensehen, meint Müller-Neuhof. Dass die Mittel hier ungewohnt seien, mache sie noch nicht falsch.

Resilienz der Demokratie: Die Mo-SZ (Wolfgang Janisch) bespricht das neue Buch von Maximilian Steinbeis "Die verwundbare Demokratie", das auf den Erkenntnissen des so genannten Thüringen-Projekts des Verfassungsblogs beruht. Die 300 Seiten seien exzellent recherchiert und betont sachlich gehalten, schreibt Janisch. Das Buch liefere mit all seinen oft verblüffenden Details eine eindringliche Analyse, die schmerzhaft klar aufzeige, wie fragil eine liberale Demokratie ist. Umso mehr, als schon jetzt bisweilen der Wille schwinde, die manchmal schroffe Realität der Freiheit auszuhalten.

Computerpanne und Flugverkehr: Welche Rechte Fluggäste haben, die auf Grund einer weltweiten Computerpanne ihr Flugziel nicht oder nicht rechtzeitig erreicht haben, erläutert tagesschau.de (Michael Nordhardt/Egzona Hyseni).

Rechtsgeschichte – Widerstand: Mit einer "Liste von tragischen wie manchmal grausam komischen juristischen Vorgängen im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944" erinnert Martin Rath in seiner LTO-Kolumne an den Widerstand.

 

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LTO/pf/chr

(Hinweis für Journalistinnen und Journalisten)

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. bis 22. Juli 2024: IGH zu israelischer Besatzung / Bund muss für Masken zahlen / Jérôme Boateng verurteilt . In: Legal Tribune Online, 22.07.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55044/ (abgerufen am: 22.07.2024 )

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