Zu der Verschwörungs-Anklage gegen Ex-Präsident Trump werden immer mehr Einzelheiten bekannt. EU-Kommission wird wegen Entstehung des Asylabkommens mit Tunesien kritisiert. In manchen Bereichen geht Zahl der Fachanwält:innen sogar zurück.
Thema des Tages
USA - Trump/Verschwörung: Zur Anklage des Sonderermittlers Jack Smith gegen Ex-US-Präsident Donald Trump wegen Verschwörung zur Manipulation des Wahlergebnisses wurden weitere Einzelheiten bekannt. So heißt es in der Anklageschrift, dass Trumps Anwält:innen republikanische Politiker:innen in den Bundesstaaten unter Druck gesetzt haben, einen nicht existierenden Wahlbetrug anzuprangern. In Georgia soll Trump den Innenminister Brad Raffensperger sogar aufgefordert haben, die fehlenden 11.000 Stimmen für ihn "zu finden". Außerdem soll Trumps Team in sieben Bundesstaaten verlangt haben, falsche Wahlleute einzusetzen, die für Trump stimmen sollten, obwohl Biden dort gewonnen hatte. Auf Bundesebene soll Trump versucht haben, einen neuen willfährigen Justizminister einzusetzen. Trump versuchte zudem zu verhindern, dass Vizepräsident Mike Pence die Bestätigung des Wahlresultats im Kongress durchführt. Zuletzt wiegelte Trump Tausende wütende Anhänger auf, das US-Kapitol zu stürmen, um die entsprechende Kongresssitzung zu verhindern. Die Höchststrafe für die vier Anklagepunkte von Jack Smith beträgt jeweils 20 Jahre Gefängnis. Richterin in Washington wird Tanya S. Chutkan sein, die von Barack Obama eingesetzt wurde. Es berichten SZ (Fabian Fellmann), FAZ (Sofia Dreisbach), taz (Hansjürgen Mai), Zeit (Heinrich Wefing), spiegel.de, focus.de und LTO.
Andreas Ross (FAZ) kommentiert, dass Trumps Anwälte zwei Verteidigungslinien fahren und dabei "auf Dummheit" plädieren. Zum einen genieße der Präsident Meinungsfreiheit und dürfe über den Ausgang der Wahl lügen, zum anderen müsse der Sonderermittler Smith Trump noch nachweisen, dass ihm wirklich klar war, dass die im Internet kursierenden Wahlfälschungsgeschichten an den Haaren herbeigezogen waren. Christian Zaschke (SZ) kommentiert, dass es sein könne, dass Trump am Ende des Verfahrens nicht belangt werde, aber dass es wichtig sei, dass der Rechtsstaat nicht vergisst und den Fall im Detail aufarbeitet. Bernd Pickert (taz) schreibt, dass Trump es geschafft habe, das Misstrauen in das das System so tief in den Köpfen seiner Anhänger:innen zu verankern, dass ihn selbst diese Anklage kaum Zustimmung kosten werde, womöglich im Gegenteil.
Die SZ (Reymer Klüver) arbeitet in einem separaten Artikel die mutmaßlichen sechs Mitverschwörer heraus, die in der Anklageschrift nicht namentlich genannt werden und auch noch nicht angeklagt wurden: Die Anwält:innen Rudy Giuliani, John Eastman, Sidney Powell, James Troupis und Kenneth Chesebro und der damals im Justizministerium tätige Jurist Jeffrey Clark. spiegel.de (Malte Göbel) wirft die Frage auf, ob Trump kandidieren dürfte, wenn ihn das Verfahren ins Gefängnis bringt, was unter Bezugnahme auf einen Präzedenzfall aus dem Jahr 1920 bejaht wird. Ob Trump das Amt im Fall einer Wahl antreten könnte, sei rechtlich aber ungeklärt. Der amerikanische Rechtsprofessor Richard L. Hasen geht davon aus, dass Trump sich mit den Argumenten selbst begnadigen könnte, dass er in Haft seinen verfassungsmäßigen Pflichten nicht nachkommen könnte und die Judikative die Exekutive behindere.
Rechtspolitik
Asyl/EU-Abkommen mit Tunesien: Die Zeit (Franziska Grillmeier/Yassin Musharbash u.a.) berichtet anhand vertraulicher Unterlagen des Auswärtigen Amtes über Kritik am Zustandekommen des Migrationsabkommen der EU-Kommission mit Tunesien. Danach fühlten sich sowohl der Juristische Dienstes des Rates der EU, der Auswärtige Dienst der EU und zahlreiche Mitgliedsstaaten von der EU-Kommission übergangen. Insbesondere sei der Rat nicht einbezogen worden, wie es nach Art. 16 EUV hätte erfolgen müssen. Das deutsche Außenministerium monierte, dass die für solche Abkommen geltende Unterrichtungsfrist von fünf Wochen vor Unterzeichnung nicht eingehalten worden sei.
Bauleitplanung: Auf dem JuWissBlog untersucht und kritisiert Marvin Klein, Rechtsanwalt und Doktorand, das am 7. Juli in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren. Zwar enthalte das Gesetz einige Besonderheiten, wie die elektronische Beteiligung und Stellungnahmefrist der Behörden nach § 4 Abs. 2 S. 2 und S. 4 BauGB, aber insgesamt könne man in Sachen Digitalisierung nicht von einem großen Wurf sprechen.
Vergabe und Tariftreue: Laut einem von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in Auftrag gegebenen Gutachten von Rechtsprofessor Felix Hartmann sind die Pläne der Bundesregierung für ein Bundestariftreuegesetz europarechtswidrig (wegen Verletzung der Dienstleistungsfreiheit) und verfassungswidrig (wegen Verletzung der Vertrags- und Koalitionsfreiheit). Es berichten Hbl (Frank Specht) und Welt.
Justiz
VGH Bayern zu Einreisequarantäne-Verordnung: Die im Rahmen der Corona-Pandemie am 5. November 2020 erlassene bayerische Einreisequarantäne-Verordnung war unwirksam, entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof. Die bloße Einreise aus einem Risikogebiet sei grundsätzlich nicht geeignet, den für eine Quarantäne nach dem Infektionsschutzgesetz erforderlichen Ansteckungsverdacht zu begründen. Ein Ansteckungsverdacht verlange regelmäßig eindeutige Symptome und eine entsprechende Anamnese oder einen Kontakt mit einer infizierten Person. Es berichtet LTO.
BayObLG – Jérôme Boateng: Am Bayerischen Obersten Landesgericht wird am 21. September die Hauptverhandlung im Revisionsverfahren des Fußballprofis Jérôme Boateng stattfinden, der wegen Körperverletzung an seiner Ex-Freundin vom Landgericht München I in zweiter Instanz zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10.000 Euro verurteilt worden war, insgesamt 1,2 Millionen Euro. Ab 90 Tagessätzen gilt man als vorbestraft. Es berichtet LTO.
OLG Nürnberg zu Fristverlängerung in Eilverfahren: beck-aktuell (Joachim Jahn) berichtet über einen Beschluss des Oberlandesgericht Nürnberg von Anfang Juli, wonach Unterlassungsansprüche aus Furcht vor dem Verrat von Geschäftsgeheimnissen automatisch dringend sind. Wenn Anwält:innen allerdings um eine Fristverlängerung für die Begründung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bitten, hätten sie sich selbst widerlegt.
OLG München zu NSU/Röggla-Roman: Nun rezensiert auch die FAZ (Andreas Platthaus) den Roman "Laufendes Verfahren" von Kathrin Röggla, der den NSU-Prozess in Romanform verarbeitet und das Verfahren durch die Wahrnehmung der Zuschauer:innen filtere. Er spielt auf der Zuschauertribüne und sei ein Sittenbild von deutscher Gesellschaft und Justiz.
LG Bamberg – Drogenhandel/Darknet: Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg hat vor dem Landgericht Bamberg Anklage gegen den 23-jährigen Studenten Louis K. erhoben, der als Administrator die kriminelle Handelsplattform "Deutschland im Deep Web 3" betrieben haben soll, die in Deutschland über Jahre hinweg eine Hauptanlaufstelle für den Online-Handel mit Drogen gewesen sei. Daneben wird ihm unter anderem bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zur Last gelegt. Es berichten FAZ (Karin Truscheit), spiegel.de und bild.de.
LG Hamburg zu "Manta Manta"-Drehbuchautor: Nach einem Beschluss des Landgerichts Hamburg im Eilverfahren durfte Drehbuchautor Stefan Cantz sich in einem SZ-Artikel mit der Aussage zitieren lassen, dass man ihn bei der Filmproduktionsfirma Constantin "nicht als Drehbuchautor von 'Manta, Manta' anerkenne". Die Filmfirma hielt die Aussage für eine unwahre Tatsachenbehauptung, das LG wertete sie aber als Meinungsäußerung. LTO (Max Kolter) berichtet und stellt den Streit zwischen Cantz und Constantin Film inklusive des laufenden urheberrechtlichen Verfahrens am LG München I ausführlich dar.
StA Karlsruhe – Linksunten.Indymedia: Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat ein Ermittlungsverfahren wegen Fortführung der verbotenen Vereinigung "Linksunten.indymedia" eingeleitet. Den fünf Beschuldigten wird vorgeworfen, dass sie das Archiv der 2017 verbotenen Plattform öffentlich zugänglich gemacht haben. Beschuldigt werden vier Männer und eine Frau in Freiburg, bei denen Wohnungsdurchsuchungen stattfanden. LTO berichtet.
Recht in der Welt
USA – Lizzo/Tänzerinnen: Drei ehemalige Tänzerinnen der Sängerin Lizzo (Melissa Jefferson) haben am Dienstag vor dem Los Angeles Superior Court eine arbeitsrechtliche Klage gegen Lizzo, die Produktionsfirma und die Chefin des Tanz-Ensembles eingereicht, weil auf der diesjährigen Tour ein Arbeitsumfeld geschaffen worden sei soll, das die Tänzerinnen einer "offenkundig sexuellen Atmosphäre" ausgesetzt habe. Es geht um Belästigung, Body Shaming und Diskriminierung. Es berichten SZ, FAZ und spiegel.de.
USA – Anschlag auf Synagoge: Rund fünf Jahre nach dem antisemitischen Anschlag auf eine Synagoge in der US-Stadt Pittsburgh, bei dem elf Menschen getötet wurden, wurde der 50-jährige Robert Bowers von einem Gericht im US-Bundesstaat Pennsylvania zum Tode verurteilt. Im Juni war er bereits in allen 63 Anklagepunkten schuldig gesprochen worden. spiegel.de und zeit.de berichten.
USA – Pizza-Schadenersatz: Vor einem New Yorker Gericht haben Kund:innen eine Schadensersatzklage gegen das Unternehmen Taco Bell erhoben und fordern fünf Millionen US-Dollar, weil auf der Pizza deutlich weniger Fleisch war, als in der Werbung angepriesen. Der Schaden entstehe durch die Wertdifferenz von beworbenem und erhaltenem Produkt. Es berichten spiegel.de und LTO.
Singapur – Wirecard: Im Wirecard-Prozess in Singapur gegen den Marsalek-Vertrauten James Henry O’Sullivan und den Wirecard-Treuhänder Rajaratnam Shanmugaratnam, genannt R Shan, hat Shan ausgesagt, dass der Betrug schon hätte 2016 auffliegen können, wenn die Buchprüfer:innen der Beratungsgesellschaft EY gründlicher gearbeitet hätten. Er habe sich gewundert, dass EY sich mit einfachen gefälschten Briefen zufrieden gegeben habe. Die SZ (Florian Müller/Stephan Radomsky u.a.) berichtet.
Sonstiges
Fachanwält:innen: Rechtsprofessor Matthias Kilian berichtet auf beck-aktuell, dass die Zahl der Fachanwält:innen stagniert und es 2022 laut der Statistik der Bundesrechtsanwaltskammer insgesamt nur einen Zuwachs von acht Fachanwält:innen gab. Im Familienrecht, Verwaltungsrecht, Steuerrecht, Sozialrecht, Miet- und WEG-Recht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht sei die Zahl sogar gesunken. Dafür sei auch das starre Regelungskonzept der Fachanwaltsordnung ursächlich.
Tätigkeit in Umwelt-NGO: Im Interview mit LTO-Karriere (Leonie Ott) berichtet die Juristin Franziska Albrecht von ihrem Wechsel vom Auswärtigen Dienst zur NGO "Green Legal Impact" und ihrem Tätigkeitsfeld. Sie bearbeitet rechtliche Probleme und Sachverhalte mit Umweltbezug und ist auch in der Öffentlichkeitsarbeit tätig. Früher habe sie besser verdient, aber dafür auch schlechter geschlafen.
Politikerhaftung/Andreas Scheuer: Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat die Berliner Anwaltskanzlei Müller-Wrede mit einem Gutachten beauftragt, ob von seinem Amtsvorgänger Andreas Scheuer Schadenersatz in Höhe von 243 Millionen Euro wegen des Mautdesasters verlangt werden kann. vorwaerts.de (Christian Rath) geht davon aus, dass eine Rechtsgrundlage für eine derartige Forderung fehlt und wegen der Sperrwirkung des schweigenden Ministergesetzes auch nicht konstruiert werden kann. Aber selbst wenn eine Rechtsgrundlage konstruiert würde, läge die erforderliche grobe Fahrlässigkeit wohl nicht vor, weil ein Erfolg beim EuGH aus der ex-ante-Perspektive nicht so unwahrscheinlich gewesen sei.
Herrenchiemsee-Konvent: Die FAZ (Jasper von Altenbockum) berichtet über eine neue Dauerausstellung anlässlich des 75. Jahrestags der Eröffnung des Herrenchiemsee-Konvents am 10. August 1948 in den Räumen des Augustinerstifts auf der Herreninsel. Die Ausstellung sei gründlich umgestaltet, neu konzipiert und digital aufgerüstet worden und solle begreiflich machen, was wir an einer demokratischen und föderalen Verfassung haben.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
LTO/tr/chr
(Hinweis für Journalist:innen)
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Die juristische Presseschau vom 3. August 2023: . In: Legal Tribune Online, 03.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52405 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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