Die Stadtkirche Wittenberg hat das Informationsschild zu dem umstrittenen "Judensau"-Relief angepasst. Es wurde um den Hinweis ergänzt, dass man sich von "Antisemitismus und Judenhass" distanziere.
Nach anhaltender Kritik an dem antijüdischen Schmährelief hat die Stadtkirche der Lutherstadt Wittenberg in Sachsen-Anhalt ein entsprechendes Informationsschild angepasst. Auf der Info-Tafel zu dem Relief wurde ergänzt, dass man sich von "Antisemitismus und Judenhass" distanziere. Zusätzlich soll zukünftig auch im Gebäude ausführlicher zu Hass und Hetze gegen Juden innerhalb des Christentums aufgeklärt werden. "Wir wollen uns - wie in der Vergangenheit gefordert - stärker von Antisemitismus, Antijudaismus und Fremdenfeindlichkeit im Allgemeinen distanzieren", sagte der Vorstand des Gemeindekirchenrats, Jörg Bielieg, am Montag in Wittenberg. Auf diesem Wege wolle die evangelische Kirche Verantwortung übernehmen und zeigen, dass sie sich mit ihrer Schuldgeschichte auseinandersetze.
Das mehrere Hundert Jahre alte Relief zeigt eine Sau, an deren Zitzen zwei Menschen saugen, die durch Spitzhüte als Juden identifiziert werden sollen. Eine laut Bundesgerichtshof (BGH) als Rabbiner geltende Figut hebt den Schwanz des Tieres und blickt in den After. Schweine gelten im jüdischen Glauben als unrein. Der BGH hatte im Juni vergangenen Jahres entschieden, dass eine Bodenplatte und ein Aufsteller mit erläuterndem Text vor der Kirche ausreichten, um aus dem "Schandmahl" ein "Mahnmal" zu machen. Das Relief musste daher - wie von einigen Experten, darunter auch Prof. Dr. Thomas Fischer in seiner LTO-Kolumne empfohlen - nicht entfernt werden. Der Kläger, Dietrich Düllmann, hatte daraufhin Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingelegt.
Düllmann war 1978 zum Judentum konvertiert und will erreichen, dass das Relief aus dem 13. Jahrhundert entfernt wird. Von seinem langen Weg vor den Gerichten erzählt Düllmann auch im LTO-Podcast Allein unter Juristen.
"Eine Abtragung ist nicht unser Weg", sagte Bielig. Neben der Änderung auf der Info-Tafel sollen nun stattdessen auch Aufsteller in der Kirche über historische Zusammenhänge aufklären. "Dabei nehmen wir auch Martin Luther nicht aus - wir wollen nicht verstecken, dass auch hier Judenfeindlichkeit zu finden ist."
Langfristiges Ziel der Gemeinde sei es, eine Dauerausstellung in der Kirche zu errichten, die über Antijudaismus informiere, so Bielig. Auch dadurch sollten beispielsweise judenfeindliche Äußerungen in religiösen Schriften bewusster wahrgenommen werden. "Antijudaismus hat eine tradierte Geschichte im Christentum. Das kann heute nicht mehr sein", sagte der Vorsitzende.
dpa/lmb/LTO-Redaktion
Nach langjährigem Rechtsstreit: . In: Legal Tribune Online, 17.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51559 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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