Im ersten Corona-Shutdown im April 2020 mussten auch Geschäfte in Baden-Württemberg massenhaft schließen. Mehrere Betriebe zogen vor Gericht, auch um Entschädigungsansprüche durchzusetzen. Vor dem VGH Mannheim hatte sie keinen Erfolg.
Die durch die baden-württembergischen Corona-Verordnungen im ersten Shutdown im Frühjahr 2020 angeordnenten Betriebsschließungen waren zwischenzeitlich formell rechtswidrig. Das entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) in drei Hauptsacheverfahren. In der Sache unterlagen jedoch die drei Antragsteller (Az.: 1 S 1067/20 / 1 S 926/20 / 1 S 1079/20).
Mitte März 2020 wurden durch die Corona-Verordnung der Landesregierung zahlreiche Geschäfte und Einrichtungen geschlossen. Dagegen gerichtete Eilanträge wies der VGH im April 2020 zurück und führte zur Begründung damals u.a. aus, es sei offen, ob das Infektionsschutzgesetz im Hinblick auf den Parlamentsvorbehalt eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die landesweite Schließung bestimmter Arten von Betrieben sei. Von dieser offenen, im Hauptsacheverfahren zu klärenden Frage abgesehen, sei die durch die Corona-Verordnung angeordnete Schließung von Betrieben und Verkaufsstellen wegen der hohen Bedeutung des Schutzes vor dem Coronavirus voraussichtlich zumutbar.
In Hauptsacheverfahren entschied der VGH nun, dass die Notverkündung der Verordnung im Internet nicht den Anforderungen an eine wirksame Ausfertigung genügt habe. Eine ausgefertigte Originalurkunde mit Unterschrift unter anderem des Ministerpräsidenten habe sowohl für die Corona-Verordnung vom 17. März 2020 als auch für die nachfolgenden Änderungsverordnungen jeweils erst wenige Tage später vorgelegen. Allerdings sei dieser Fehler später mit der Verkündung der Verordnung im Gesetzblatt geheilt worden. Die Heilung führe jedoch nicht zur rückwirkenden Rechtmäßigkeit der Verordnung, sondern gelte erst ab dem Zeitpunkt der Verkündung. Doch dies nützt den Antragstellern nichts. Denn auf die formelle Rechtswidrigkeit für wenige Tage können sie sich nach dem VGH nicht berufen, da eine Vorgängerverordnung bereits rechtmäßig in Kraft war, die ebenfalls die Betriebsschließung anordnete.*
Auch in der Sache unterlagen die Antragssteller: Der VGH bestätigte, dass Geschäfte und Einrichtungen geschlossen werden durften. Geklagt hatten ein Fitnessstudio (Az.: 1 S 926/20), ein Inhaber von drei Restaurants (1 S 1067/20) und ein Betreiber von Parfümerien (1 S 1079/20). Sie wollten feststellen lassen, dass die Schließung ihrer Betriebe im ersten Shutdown rechtswidrig war, um Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche geltend machen zu können.
Die Corona-Verordnungen beruhten aus Sicht der obersten Verwaltungsrichter Baden-Württembergs auf einer ausreichenden Rechtsgrundlage und verletzten die Inhaber der geschlossenen Betriebe nicht in ihren Grundrechten.
"Die Urteile haben eine über die drei Einzelfälle hinausgehende Bedeutung, da es sich um die ersten Hauptsacheentscheidungen zum Lockdown des Frühjahrs 2020 in Baden-Württemberg handelt und bundesweit Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit des ersten Lockdowns noch nicht vorliegen", teilte der VGH mit.
In allen drei Verfahren wurde die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
fz/LTO-Redaktion
* Satz ergänzt am 4.7.22
VGH Baden-Württemberg zu Corona-Shutdown: . In: Legal Tribune Online, 04.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48926 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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