Eine Frau muslimischen Glaubens darf keinen Gesichtsschleier im Unterricht eines Abendgymnasiums in Osnabrück tragen, entschied das VG. Dabei hätte das Gericht möglicherweise anders entschieden - wenn sie zur Verhandlung gekommen wäre.
Eine Frau muslimischen Glaubens aus Osnabrück darf weiterhin keinen Gesichtsschleier im Unterricht eines Abendgymnasiums tragen. Das Verwaltungsgericht (VG) Osnabrück lehnte am Montag einen Antrag der Frau auf vorläufigen Rechtsschutz ab (Beschl. v. 22.08.2016, Az. 1 B 81/16).
Die 18-Jährige, eine Deutsche muslimischen Glaubens, wollte gegen die Entscheidung ihrer Schule vorgehen. Das Gymnasium hatte darauf bestanden, dass die junge Frau ohne ihren sogenannten Niqab am Unterricht teilnimmt - dieser Schleier lässt nur einen schmalen Sehschlitz frei. Allerdings sagte die 18-Jährige ihr Erscheinen bei der Verhandlung am VG Osnabrück am Montagnachmittag wegen des großen Medieninteresses ab, sagte Gerichtssprecher Gert Armin Neuhäuser.
Das Gericht lehnte darauhin ihren Antrag auf Gewährung eines vorläufigen Rechtsschutzes ab und bestätigte die Entscheidung der Schulbehörde. Die Schülerin hat nun noch die Möglichkeit, gegen die Entscheidung beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg Beschwerde einzulegen. Die junge Frau besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft, sie wurde erst vor kurzem volljährig. Ihre familiären Wurzeln liegen nach Angaben des Gerichtssprechers in einem Nachfolgestaat des früheren Jugoslawien.
Gericht hätte bei Anwesenheit womöglich anders entschieden
Im April hatte die Muslima die Zulassung zum Abendgymnasium bekommen, wollte im Unterricht aber ihren Niqab nicht abnehmen. "Für einen Teil ihrer Glaubensausübung ist es wichtig, den Niqab anzulegen", erläuterte der Gerichtssprecher das Argument der 18-Jährigen. Die Schülerin war nur bereit, vor Unterrichtsbeginn gegenüber einer weiblichen Schulmitarbeiterin ihren Schleier zu lüften und so ihre Identität feststellen zu lassen. Das reichte dem Gymnasium aber nicht, es widerrief die Zulassung der jungen Frau zum Unterricht.
Gerichtssprecher Neuhäuser sagte, der Vorsitzende Richter habe das persönliche Erscheinen der 18-Jährigen angeordnet, weil er im Gespräch ihre religiösen Motive genauer erkunden wollte. Insofern habe durchaus die Chance bestanden, dass das Gericht im Sinne der Schülerin entschieden hätte. Über die von ihr vorgelegte eidesstattliche Versicherung hinaus habe es das Gericht zur Abwägung der von der ihr geltend gemachten Religionsfreiheit mit dem ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestatteten staatlichen Bildungsauftrag zur Entscheidungsfindung für erforderlich gehalten, dass die sie die von ihr empfundene Konfliktlage der Kammer gegenüber erläutert.
Aus Sicht der Landesschulbehörde wäre beim Tragen eines Niqab im Klassenraum nicht mehr die offene Kommunikation gewährleistet. Behörden-Sprecherin Bianca Schöneich sagte, für das Miteinander im Unterricht sei nicht nur das gesprochene Wort wichtig, sondern es gehe auch um nonverbale Elemente wie die Körpersprache. Auch die eindeutige Identifikation der Schülerin sei wegen des Niqab nicht möglich. Die Religionsfreiheit müsse in diesem Fall nach Auffassung der Behörde hinter dem Bildungs- und Erziehungsauftrags des Staates zurücktreten.
dpa/acr/LTO-Redaktion
VG Osnabrück zu Gesichtsschleier: . In: Legal Tribune Online, 22.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20353 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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