Der Landesjagdverband NRW ist kein Tierschutzverein und darf nicht klagen, um Interessen der Tiere zu vertreten. Käme es zu einem Interessenkonflikt zwischen Umwelt-, Natur- und Tierschutz, so würden Jäger schließlich auch Tiere töten.
Der Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen e. V. ist kein Tierschutzverein im Sinne des nordrhein-westfälischen Gesetzes über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzvereine (TierschutzVMG). Der Verband scheiterte am Donnerstag vor dem Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen mit seiner Klage gegen Umweltminister Johannes Remmel (Grüne). Die organisierten Jäger förderten zwar durchaus Ziele des Tierschutzes, entschieden die Richter. Dies sei aber nicht das vorwiegende Verbandsziel, wie es das NRW-Gesetz vorschreibe (Urt. v. 17.12.2015, Az. 16 K 1117/14).
Zweck des 2013 in Kraft getretenen Gesetzes ist es, anerkannten Tierschutzvereinen ein Verbandsklagerecht einzuräumen, damit sie die Interessen der Tiere als deren Treuhänder erforderlichenfalls auch vor Gericht geltend machen können. Sie können dann etwa gegen Genehmigungen zur Kürzung von Schweineschwänzen oder zum Bau von Stallanlagen klagen. Außerdem wird ihnen eine Mitwirkung an tierschutzrelevanten Verfahren des Landes ermöglicht. Auf diesem Wege soll das Ungleichgewicht der Kräfte abgebaut werden, das der Gesetzgeber im Verhältnis zwischen den Haltern von Nutz-, Heim-, Versuchs- und sonstigen dem Tierschutzgesetz unterfallenden Tieren und Tieren sah.
Das Gesetz fordert neben mehreren weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung, dass der Verein nach seiner Satzung "vorwiegend die Ziele des Tierschutzes fördert", also den Tierschutz gegenüber den anderen Zielen hervorhebt. Anerkannt sind derzeit acht Vereine, darunter der Deutsche Tierschutzbund.
VG: Jagdverband entscheidet im Zweifel nicht für das Tier
Nachdem das Gesetz im Juli 2013 in Kraft getreten war, beantragte auch der Jagdverband seine Anerkennung gem. § 3 TierschutzVMG. Dessen Satzung nennt zunächst die Förderung von Umweltschutz, Naturschutz und Landschaftspflege als Ziele des Verbandes. Dann wird in einem zweiten Satz die Förderung des Tierschutzes als Ziel genannt. Letztlich dienten aber der Umweltschutz, Naturschutz und die Landschaftspflege dem Ziel des Tierschutzes, so die Begründung des Verbandes für den Antrag.
Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW lehnte den Antrag jedoch ab, da es sich bei den vorrangig genannten Zielen um eigene Ziele handele und kein Vorrang des Tierschutzes bestehe.
Auch das VG sah nun in den Zielen des Verbandes keine primäre Ausrichtung auf den Tierschutz. Vielmehr sei dieser nur eines unter mehreren Zielen, die dem einzelnen Tier allenfalls mittelbar zugute kämen, nicht aber das Prägende. Das sich aus der Satzung ergebende umfassende und auf Nachhaltigkeit angelegte Verständnis des Natur-, Umwelt- und Tierschutzes habe nicht so sehr die Vermeidung individueller Leiden von Tieren zum Ziel, sondern bezwecke den Schutz wildlebender Tiere als Spezies.
Voraussetzung für die Anerkennung sei aber, dass im Falle eines Konfliktes verschiedener Zielsetzungen der Tierschutz letztlich im Zweifel Vorrang vor den anderen hätte, damit es keine Interessenkollisionen gebe. Die anderen Satzungsziele könnten aber mit dem Tierschutz kollidieren. So stehe etwa das Interesse, einen gesunden Wildbestand aller heimischen Arten in angemessener Zahl durch z. B. die Jagd zu erhalten, im Gegensatz zu dem Interesse des Tieres auf Wohlbefinden.
Jäger: "Auch andere Vereine erfüllen Voraussetzungen nicht"
Der Einwand des Klägers, eine Analyse der Internetauftritte und Satzungen der von dem Beklagten nach dem TierschutzVMG anerkannten Tierschutzvereine habe ergeben, dass keiner der dort genannten Vereine die Anerkennungsvoraussetzungen erfülle und deshalb zu vermuten sei, dass es auf sachfremden, vermutlich politisch-ideologischen Erwägungen beruhe, dem Kläger die Anerkennung zu verweigern, vermochte der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Hierzu führte die Kammer aus, der Kläger habe auch dann keinen Anspruch auf die Anerkennung, falls die Anerkennung der anderen Vereine tatsächlich rechtswidrig erfolgt sein sollte. Das Ministerium sei durch den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht verpflichtet, rechtswidrige Entscheidungen zu wiederholen.
Gegen das Urteil kann der Jagdverband einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen stellen. Die Jäger wollen nun laut einer Mitteilung zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann entscheiden, ob sie in Berufung gehen wollen, sagte der der Justiziar des Landesjagdverbandes, Hans-Jürgen Thies, nach der Verhandlung.
Der Landesjagdverband hat nach eigenen Angaben rund 64 000 Mitglieder. In Nordrhein-Westfalen besitzen rund 90.000 Menschen einen Jagdschein.
ahe/LTO-Redaktion
Mit Materialien von dpa
VG Gelsenkirchen verneint Verbandsklagerecht: . In: Legal Tribune Online, 18.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17913 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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