Das Land Brandenburg wollte verhindern, dass ein Rechtsextremer sein Referendariat antritt. Das VG Cottbus entschied aber: Das Land muss ihn in den juristischen Vorbereitungsdienst aufnehmen. Er ist bislang nämlich nicht vorbestraft.
Ein nachweislich rechtsextremer Diplomjurist darf in Brandenburg sein Referendariat beginnen – zumindest vorerst. Er bekam im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Cottbus Recht (Beschl. v. 30.04.2024, Az. VG 1 L 199/24). Das Brandenburgische OLG hatte ihm die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst zum 1. Mai 2024 mit der Begründung versagt, seine rechtsextremen Anschauungen und Aktivitäten stünden dem entgegen.
Das sah das VG anders und entsprach dem Eilantrag weitgehend. Der Mann müsse in den juristischen Vorbereitungsdienst aufgenommen werden. Die Ausbildungsbehörde könne ihm aber Auflagen und Weisungen in Bezug auf die Ausübung hoheitlicher Befugnisse erteilen. So sei etwa denkbar, dass er beispielsweise nicht bei Verfahren eingesetzt wird, die mit dem Ausländerrecht zu tun haben, wie ein Gerichtssprecher am Freitag sagte.
Mann bislang nicht vorbestraft
Eine Aufnahme in das Referendariat könne nach derzeit geltender Rechtslage nur abgelehnt werden, wenn der Bewerber persönlich ungeeignet sei. Das ist in der Regel bei vorsätzlich begangenen Straftaten der Fall, die mit einer (noch nicht getilgten) Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr geahndet worden sind, so das VG. Das richtet sich im vorliegenden Fall nach § 10a Abs. 1 Nr. 1 Brandenburgisches Juristenausbildungsgesetz (BbgJAG). Gleiches regeln aber auch die Gesetze anderer Länder, so beispielsweise § 30 Abs. 4 Nr.1 JAG NRW, der lediglich die "persönliche Ungeeignetheit" durch "Unwürdigkeit" ersetzt.
Der Antragsteller sei vorliegend jedoch nicht vorbestraft, führte das Gericht zur Begründung aus. Die rechtsextremen Anschauungen und Aktivitäten und die mangelnde Verfassungstreue eines Bewerbers ermöglichten es für sich genommen nur, ihn von bestimmten hoheitlichen Befugnissen auszuschließen, nicht jedoch, ihm die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst zu versagen. Ob derartige Auflagen in Betracht kommen, werde das OLG entscheiden, sagte ein Sprecher des VG Cottbus.
Für die Kammer war darüber hinaus entscheidend, dass im Fall eines erfolgreich absolvierten juristischen Vorbereitungsdienstes die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nur versagt werden kann, wenn die Person die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft. Das richtet sich nach § 7 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Es wäre unverhältnismäßig, an die vorgelagerte Berufsausbildung höhere Anforderungen als an die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu stellen, so das VG.
Justiz tut sich schwer mit dem Ausschluss von Verfassungsfeinden
Es ist nicht das erste Mal, dass rechtsextreme Referendare sich ins Referendariat klagen. Zuletzt hatte ein Fall im Frühjahr des vergangenen Jahres für Aufsehen gesorgt: Der Juraabsolvent Matthias B., Mitglied der rechtsextremen Kleinstpartei "Der III. Weg" und Ex-NPD-Funktionär, musste nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Dresden (Urt. v. 04.04.2023, Az.: 11 K 1918/21) endgültig zum Referendariat zugelassen werden. B. hatte bis 2020 bei der Partei sogar Führungspositionen inne. Die Partei "Der III. Weg" ist nicht verboten, wird aber vom Verfassungsschutz beobachtet. Dieser attestiert ihr eine "fundamental ablehnende Haltung gegenüber dem demokratischen Rechtsstaat".
Trotzdem war der Mann – nach Absagen in Bayern und Thüringen – in Sachsen mit seiner Bewerbung erfolgreich: Der dortige Verfassungsgerichtshof (VerfGH) gab ihm Ende 2021 im Eilverfahren Recht, Ende 2022 in der Hauptsache. Nur wer die freiheitliche demokratische Grundordnung wirklich in strafbarer Weise bekämpft, könne ausgeschlossen werden – das sei vorliegend bei dem Bewerber nicht der Fall. Die Partei "Der III. Weg" sei nämlich weder verboten noch habe sich der Bewerber sonst in einer die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdenden Weise strafbar gemacht. Das Land Sachsen musste den Mann deshalb zum Volljuristen ausbilden.
Welche "rechtsextremen Anschauungen und Aktivitäten" dem künftigen Brandenburger Referendar zur Last gelegt werden, ist bislang nicht bekannt. Die Gründe des Beschlusses sind noch nicht veröffentlicht. Außerdem ist abzuwarten, ob der Mann auch in der Hauptsache Recht bekommt.
Der Beschluss des VG Cottbus kann nach § 146 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) mit der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg angefochten werden.
cho/LTO-Redaktion
Rechtsextremer Diplomjurist zieht vors VG: . In: Legal Tribune Online, 03.05.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54486 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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