Die Krankenkasse wollte einem Querschnittsgelähmten, der überdurchschnittlich viel trinkt, keine zusätzlichen Katheter bewilligen. Das verstößt aber gegen die Menschenwürde, entschied das SG Dresden.
Der gesetzlichen Krankenkasse steht es nicht zu, bei der Gewährung von Kathetern und Bettbeuteln das individuelle Trinkbedürfnis zu reglementieren. Das hat das Sozialgericht (SG) Dresden entschieden (Urt. v. 09.10.2015, Az. S 47 KR 105/13).
Der 39 Jahre alte Kläger verlor bei einem Motorradunfall eine Niere und ist seitdem querschnittsgelähmt. Zur Blasenentleerung muss er sich selbst katheterisieren. Er gab an, täglich ca. 3 ½ Liter zu trinken. Das hielt seine Krankenversicherung für "unphysiologisch" und nicht medizinisch notwendig. Sie bewilligte nur die sechs Katheter und Bettbeutel, die bei einer täglichen Trinkmenge
von 2 ½ Liter erforderlich sind.
Der Mann verlangte die Versorgung mit zwei weiteren Kathetern und Bettbeuteln, er habe ein höheres individuelles Trinkbedürfnis. Nach der Einholung von medizinischen Unterlagen gab das SG der Klage nun überwiegend statt.
Die Menschenwürde verbiete es, hinsichtlich des individuellen Trinkbedürfnisses von Durchschnittswerten auszugehen. Der erhöhte Katheter- und Bettbeutelverbrauch beruhe zudem auf dem persönlichen Sicherheitsbedürfnis des Mannes, der das Volumen der Behältnisse nicht immer bis zum völligen Maximum ausgenutzt habe. Auch diesbezüglich sei die Krankenversicherung nicht berechtigt, ihn zu reglementieren.
Im Ergebnies verurteilte das Gericht die Krankenkasse zur Versorgung des Mannes mit acht statt der bisher sechs bewilligten Katheter und Bettbeutel pro Tag.
acr/LTO-Redaktion
SG Dresden zu individuellem Trinkbedürfnis: . In: Legal Tribune Online, 10.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18742 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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