Die vom US-Milliardär George Soros gegründete Universität in Budapest ist der ungarischen Regierung ein Dorn im Auge. Die Versuche der ungarischen Regierung, die Lehre dort zu verhindern, verstoßen laut Generalanwältin aber gegen EU-Recht.
Nach Ansicht von Generalanwältin Juliane Kokott verstößt das ungarische Hochschulgesetz gegen Unionsrecht und das Recht der Welthandelsorganisation (WTO). In ihren Schlussanträgen zur Rechtssache C-66/18 schlägt Kokott dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor, der Vertragsverletzungsklage der Kommission stattzugeben. Ungarn müsse ausländische und inländische Hochschulen gleichbehandeln, hieß es in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Entscheidungsvorschlag.
Ungarn hatte 2017 sein Hochschulgesetz geändert. Hochschulen aus Nicht-EWR-Staaten dürfen nach dem Gesetz nur dann in Ungarn tätig sein, wenn ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen Ungarn und ihrem Herkunftsstaat besteht. Außerdem müssen alle ausländischen Hochschulen, die eine Hochschulausbildung in Ungarn anbieten wollen, eine solche auch in ihrem Herkunftsstaat anbieten.
Die einzige vom Gesetz betroffene Hochschule ist die Central European University (CEU) in Budapest, die 1991 von dem US-amerikanischen Investor und Milliardär George Soros gegründet wurde. Sie erfüllt die neuen gesetzlichen Anforderungen nicht. Inzwischen hat sie den Betrieb in Ungarn eingestellt und einen neuen Campus in Wien eröffnet.
Verstoß gegen EU- und WTO-Recht
Der ungarische Regierungschef Victor Orbán wirft Soros vor, sich in ungarische Angelegenheiten einzumischen und zu Kritik an der Regierung zu ermutigen. Die Kommission leitete wegen des Hochschulgesetzes ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn ein.
Nach Auffassung der Generalanwältin verstößt das Gesetz zum einen gegen das GATS-Übereinkommen der WTO, zum anderen gegen die Niederlassungsfreiheit, die Dienstleistungsrichtline (Rli. 2006/123/EG) und die EU-Grundrechtecharta. Zwar setze der EuGH laut Kokott normalerweise kein WTO-Recht durch, sei aber für unionsinterne Klagen zuständig, in denen die Kommission dessen Nichteinhaltung durch einen Mitgliedsstaat rüge. Außerdem schränke das Hochschulgesetz die Freiheit zur Gründung und zum Betrieb von Lehranstalten sowie die Freiheit der Wissenschaft in unverhältnismäßiger Weise ein.
Ein Urteil in dem Fall dürfte in einigen Wochen fallen. Es ist aber nicht das einzige Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn. Ebenfalls beim EuGH anhängig ist die Klage gegen Ungarns NGO-Gesetz, dass der Generalanwalt im Januar ebenfalls für Unionsrechtswidrig hielt.
acr/LTO-Redaktion
Schlussanträge im Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn: . In: Legal Tribune Online, 05.03.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40653 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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