KPMG soll 2019 Bilanzen von Wirecard prüfen und klären, ob Manipulationsvorwürfe berechtigt sind. Ein Vertreter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sagt zu den Begleitumständen aus und berichtet von Druck und Drohungen.
Im Wirecard-Prozess vor dem Landgericht München I hat ein Wirtschaftsprüfer von KPMG am Donnerstag über Behinderungen und Beeinflussungsversuche bei der Sonderprüfung der Wirecard-Bilanzen berichtet. Der ehemalige Vorstandschef Markus Braun habe auch versucht, die Prüfgesellschaft unter Druck zu setzen und mit rechtlichen Schritten gedroht, sagte KPMG-Vorstand Sven-Olaf Leitz.
Der Zahlungsdienstleister Wirecard brach im Juni 2020 zusammen, weil angeblich auf Treuhandkonten in Asien verbuchte 1,9 Milliarden Euro nicht auffindbar waren. Laut Anlage soll es die Umsätze nie gegeben haben. Die Staatsanwaltschaft wirft Braun und zwei Mitangeklagten vor, einen Großteil der Geschäfte erfunden und Banken um drei Milliarden Euro betrogen zu haben. Braun bestreitet das. Ein Mitangeklagter hat gestanden und tritt als Kronzeuge auf.
Sonderprüfung bringt keinen Nachweis für Existenz von Kontoguthaben
Leitz erklärte, KPMG habe das Geld nicht gefunden. Braun habe ihm dann gesagt: "Vertrauen Sie mir, es ist alles da. Ich habe Herrschaftswissen." Da seien bei ihm alle Alarmglocken angegangen, so Leitz. Wirecard-Vertriebschef Jan Marsalek habe die Prüfer mit der merkwürdigen Frage abgespeist: "Wer soll denn das Geld sonst haben? Kim Yong-Il vielleicht?"
KPMG sollte ab Oktober 2019 im Auftrag des Wirecard-Aufsichtsrats die Bilanzen von 2016 bis 2018 in einer Sonderprüfung unter die Lupe nehmen und klären, ob in der Financial Times erhobene Manipulationsvorwürfe berechtigt waren. Aber die Prüfung sei sehr zäh, sehr schleppend verlaufen, sagte Leitz. KMPG wollte das angebliche Geschäft mit Drittpartnern in Asien "von den Verträgen bis zum Geldeingang alles überprüfen". Aber Wirecard habe Unterlagen verwehrt. Verträge und Transaktionsdaten seien nicht vorgelegt worden, Geldflüsse nicht nachvollziehbar gewesen.
"Den Versuch, uns zu beeinflussen, gab's mehrfach", sagte Leitz. Im April 2020 habe KPMG "das Vertrauen in die weitere Zusammenarbeit verloren und gesagt, es macht keinen Sinn mehr, hier weiterzumachen". Braun habe mit rechtlichen Schritten gedroht. In der Schlussbesprechung sei noch versucht worden, Passagen zu streichen oder zu verändern. KPMG berichtete schließlich, dass eine Milliarde Euro auf Treuhandkonten nicht nachweisbar sei. Braun gab darauf eine Börsenpflicht-Mitteilung heraus, die Sonderprüfung habe keinerlei Nachweis für Bilanzfälschung ergeben.
dpa/sts/LTO-Redaktion
Prozess am Landgericht München I: . In: Legal Tribune Online, 13.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51534 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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