Zwei Apothekerinnen warben bei ihren Kunden mit Gutscheinen für eine Rolle Geschenkpapier beziehungsweise Kuschelsocken. Wert: unter 50 Cent. Aber auch diese Zugabe verstoße gegen die Preisbindung, so das OVG NRW.
Deutsche Apotheker dürfen ihren Kunden beim Erwerb verschreibungspflichtiger und sonstiger preisgebundener Arzneimittel keine geldwerten Vorteile gewähren. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen mit zwei Urteilen am Freitag klargestellt (Urt. v. 08.09.2017, Az. 13 A 2979/15 und 13 A 3027/15).
Zwei Apothekerinnen aus dem Kreis Coesfeld verteilten an ihre Kunden Gutscheine für eine Rolle Geschenkpapier beziehungsweise ein Paar Kuschelsocken. Diese Gutscheine konnten "bei Abgabe eines Rezeptes" eingelöst werden. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe sah darin einen Verstoß gegen die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel und untersagte die Abgabe solcher Gutscheine. Dagegen klagten die Apothekerinnen.
Ihre Klagen hatten sowohl beim Verwaltungsgericht (VG) in Münster wie auch jetzt im Berufungsverfahren vor dem OVG keinen Erfolg.
OVG: Keine Bagatellgrenze bei der Preisbindung
Zur Begründung der Entscheidung heißt es, dass es deutschen Apothekern verboten sei, von dem einheitlichen Apothekenabgabepreis abzuweichen. Dieser ergebe sich aus der Arzneimittelpreisverordnung. Der Einheitspreis gelte für das Gewähren von Rabatten oder sonstigen Preisnachlässen ebenso wie für Zuwendungen und Werbegaben, stellten die Münsteraner Richter klar.
Gegen die Preisbindung hätten die beiden Apothekerinnen verstoßen, weil die in dem Gutschein versprochene Sachzuwendung den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels für den Kunden günstiger erscheinen lasse. Der Kunde spare eigene Aufwendungen, indem er gegen Abgabe des Gutscheins eine Ware des täglichen Bedarfs erhalte, so das OVG. Insbesondere der geringe Wert von weniger als 0,50 Euro spiele keine Rolle, die Preisbindung sehe nämlich keine Bagatellgrenze für Abweichungen vor.
Preisbindung ist noch mit dem Unionsrecht vereinbar
Die von den Apothekerinnen vorgetragene Verletzung des Unionsrechts teilte der Senat nicht. Das Unionsrecht lasse bei Arzneimitteln nationale Vorschriften zur Preisbindung und zu deren Durchsetzung zu. Daran ändere auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Oktober 2016 nichts, nach dem die Preisbindungsvorschriften für ausländische Versandapotheken nicht gälten.
Dieser Wettbewerbsvorteil für ausländische Versandapotheken habe sich noch nicht gravierend zu Lasten inländischer Apotheken ausgewirkt. Ob, wann und wie der nationale Gesetzgeber auf die Entscheidung des EuGH reagieren werde, um die Inländerdiskriminierung zu beseitigen, aber gleichwohl die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu gewährleisten, sei offen.
Die Apothekerkammern seien jedenfalls nicht gehalten, von Maßnahmen bei Verstößen gegen nationale Preisbindungsvorschriften abzusehen, entschied das OVG.
mgö/LTO-Redaktion
OVG NRW zur Apothekenpreisbindung: . In: Legal Tribune Online, 08.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24419 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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