Auch das OVG sieht keinen Bedarf für eine Zwischenregelung zugunsten der AfD gegenüber einer Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Zwischenzeitlich mögliche Nachteile seien in der Abwägung mit sonst drohenden Gefahren hinzunehmen.
Die Alternative für Deutschland (AfD) ist mit zwei Anträgen auf Erlass einer Zwischenregelung vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Nordrhein-Westfalen gescheitert. (Beschl. v. 18.2.2021, Az. 5 B 163/21 und 5 B 175/21).
In beiden Fällen hat das OVG damit Beschlüsse des Verwaltungsgerichts (VG) Köln bestätigt. Das VG hatte in den Eilverfahren der AfD gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die Anträge auf Erlass einer Zwischenregelung abgelehnt. Mit ihren Eilanträgen will die Partei die Einstufung als "Verdachtsfall" oder "gesichert extremistische Bestrebung" sowie die Angabe der Mitgliederzahl des sogenannten "Flügels" mit 7.000 verhindern. Vor dem OVG ging es um eine Zwischenregelung bis zu einer Entscheidung in diesen Eilverfahren. Die AfD hatte ihre Beschwerde damit begründet, ihr entstehe ansonsten ein nicht wiedergutzumachender Schaden im politischen Wettbewerb.
Nach Angaben des Gerichts war eine Zwischenregelung (sog. Hängebeschluss) in dem Verfahren um die Einstufung als "Verdachtsfall" deshalb nicht geboten, weil das BfV zugesagt habe, bis zur Entscheidung im Eilverfahren seine Entscheidung über die Einstufung nicht zu veröffentlichen. Das Gleiche gelte in Bezug auf die Überwachung von Abgeordneten und Wahlbewerber:innen mit nachrichtendienstlichen Mitteln (sog. Stillhaltezusage). Etwaige Nachteile seien bis zur Entscheidung im Eilverfahren hinzunehmen.
Und die könnten so aussehen: Die gesetzlich für einen "Verdachtsfall" vorgesehene Möglichkeit, nachrichtendienstliche Mittel gegen die Mitglieder einzusetzen, sei zwar ein weitreichender Nachteil - unabhängig von deren tatsächlichem Einsatz. Die Chancengleichheit von Parteien sei schon dann beeinträchtigt, wenn auch einfache Parteimitglieder damit rechnen müssten, allein aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit nachrichtendienstlich überwacht zu werden. Dafür reiche es auch aus, wenn die Wahrscheinlichkeit bestehe, dass der jeweilige Gesprächspartner überwacht oder von Teilnehmern auch nichtöffentlicher Runden Gesprächsverläufe oder Ansichten Einzelner an das BfV weitergegeben würden. Dies sei aber bis zur Entscheidung im Eilverfahren hinzunehmen - vor allem in Abwägung den Gefahren die anderenfalls entstünden.
Sollte die Antragstellerin zu Recht als Verdachtsfall eingestuft werden, also Tatsachen die Annahme von Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung rechtfertigten, bestünde ansonsten die Gefahr, dass ohne Einsatz der Mittel des Verfassungsschutzes derartige Bestrebungen fortbestünden und sich verstärkten. Die Folgen einer unterbleibenden Beobachtung wären mit Blick auf diese Grundordnung von solchem Gewicht, dass die mögliche Beobachtung von Mitgliedern - zumal mit den zugesagten Ausnahmen - bis zur Entscheidung im Eilverfahren hinzunehmen sei, so das OVG in einer Mitteilung von Donnerstag.
Was die Nennung der Mitgliederzahl des "Flügels" angehe, sei eine Zwischenregelung nicht erforderlich, da die Aussage, dass der Flügel 7.000 Mitglieder habe, der Öffentlichkeit schon hinlänglich bekannt sei, so das OVG. Daher drohe bei einer Wiederholung der Aussage auch kein Nachteil, der nicht bis zur Entscheidung im Eilverfahren hingenommen werden könne.
Die Beschlüsse sind unanfechtbar.
kus/pdi/LTO-Redaktion
Beobachtung durch den Verfassungsschutz: . In: Legal Tribune Online, 18.02.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44308 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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