Soweit Beamte unmittelbaren Zwang ausüben dürfen, müssen die Betroffenen die Beweislast für das "Übermaßverbot" tragen. So das OLG Schleswig-Holstein zu einem Schusswaffengebrauch der Polizei.
Wird jemand durch einen von einem Polizeibeamten abgegebenen Schuss verletzt, so muss der Verletzte beweisen, dass die Polizei durch die Abgabe des Schusses das "Übermaßverbot" verletzt hat. Das ist zumindest der Fall, wenn die Polizei zur Ausübung unmittelbaren Zwangs berechtigt war. Das hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) entschieden (Urt. v. 11.11.2020, Az. 11 U 92/20).
Ein Mann war in seiner Wohnung durch den Schuss einer Polizistin verletzt worden, dafür wollte er das Land auf Schadensersatz wegen einer Amtspflichtverletzung in Anspruch nehmen. Jedoch sind die Einzelheiten rund um die Schussabgabe, wie das Vorliegen einer Notwehrlage auf Seiten der Polizistin, zwischen den Parteien streitig.
Auch in erster Instanz vor dem Landgericht Kiel (LG) konnte nicht festgestellt werden, ob die Schilderung des Mannes oder vielmehr die Schilderung des Landes zutrifft. Das LG hatte sodann das Land u.a. zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 22.500 Euro verurteilt. Es hatte angenommen, dass die Beweislast für das Bestehen einer Notwehrlage beim beklagten Land liege, weil die Polizistin eine Körperverletzung begangen habe.
In zweiter Instanz hatte jedoch nun das Land Erfolg. Dem Mann stehe ein Amtshaftungsanspruch gegen das beklagte Land nicht zu, urteilte das Gericht. Der Umstand, dass nicht festgestellt werden kann, ob die Schilderung des Mannes oder vielmehr die Schilderung des beklagten Landes zur Abgabe des Schusses zutrifft, wirkt sich zu Lasten des Mannes aus. Die Polizistin hatte im Zeitpunkt der Abgabe des Schusses allen Grund zu der Befürchtung, dass der Mann von einer seiner Schusswaffen Gebrauch machen würde. Er drohte nämlich die Polizistin und ihre Kollegen umzubringen. Die Polizistin war deshalb zur Ausübung unmittelbaren Zwangs berechtigt. Bei dieser Sachlage müsse der Mann beweisen, dass die Polizistin den Schuss nicht hätte abgeben dürfen. Diesen Beweis hat der Mann aber nicht führen können.
cp/LTO-Redaktion
OLG Schleswig-Holstein zu Schusswaffengebrauch der Polizei: . In: Legal Tribune Online, 12.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46645 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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