Eine Frau kaufte ein Freizeitpferd, später stellte sich heraus: Das Tier wurde in der Vergangenheit als Rennpferd eingesetzt. Wegen der höheren Belastung des Pferdes will die Käuferin den Vertrag rückabwickeln. Damit scheiterte sie nun vor dem OLG.
Ist ein ehemaliges Rennpferd "mangelhaft" im Rechtssinne, wenn eine Nutzung als Freizeitpferd im Kaufvertrag angegeben war? Nein, jedenfalls in diesem Fall nicht, hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschieden (Urt. v. 16.08.2023, Az. 4 U 72/22).
Eine Frau aus dem Ammerland in Niedersachsen hatte ein Pferd für rund 4.300 Euro gekauft. Im Kaufvertrag hielten die Parteien fest, dass das Pferd nur freizeitmäßig geritten worden sei und keine Dressur- und Springausbildung habe. Nach der Übergabe des Pferdes stellte sich jedoch heraus, dass das gekaufte Pferd früher als Rennpferd eingesetzt worden war. Die Käuferin erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag, hilfsweise die Anfechtung wegen Täuschung. Die beklagte Verkäuferin lehnte dagegen jegliche Ansprüche ab. Der Aufforderung, ein mangelfreies Pferd nachzuliefern, kam die beklagte Verkäuferin nicht nach.
Das Landgericht (LG) Oldenburg hatte die Klage bereits abgewiesen. Der 4. Zivilsenat des OLG bestätigte nun diese Entscheidung und wies die Berufung der Klägerin zurück: Die klagende Frau habe keinen Anspruch gegen die Verkäuferin. Der frühere Einsatz des Pferdes als Rennpferd stelle keinen Mangel nach § 434 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar. Ein – wie hier – gesundes Pferd sei nicht schon deswegen mangelhaft, weil es früher einmal als Rennpferd eingesetzt wurde.
Ein Blick in den Kaufvertrag erleichtert die Rechtsfindung
Die Käuferin hatte argumentiert, es mache einen enormen Unterschied, ob man ein unverbrauchtes Freizeitpferd erwerbe oder eines, das wegen Verschleißes wahrscheinlich frühzeitig "in Rente geschickt" werden müsse. Die Verkäuferin hielt dagegen: Man habe im Kaufvertrag nur den Ausbildungsstand des Pferdes dokumentiert.
Das Gericht musste also die entsprechende Passage im Kaufvertrag auslegen. Dort stand unter "§ 2 Beschaffenheitsvereinbarung" vorgedruckt: "Die Parteien sind sich einig, dass aus folgenden Besonderheiten/Eigenheiten des Pferdes keine Haftung des Verkäufers hergeleitet werden kann..." Darunter ist handschriftlich ergänzt: "Das Pferd wurde nur freizeitmäßig geritten. Es hat keine Dressur bzw Springausbildung."
Eine Beschaffenheitsvereinbarung sah der Senat darin nicht: Die Formulierung im Kaufvertrag finde sich unter der Vertragsklausel, welche die Haftung des Verkäufers beschränken soll, so das Gericht. "Angesichts dessen erscheint es wenig naheliegend, dass die Parteien übereinstimmend gerade an dieser Stelle im Vertrag eine vereinbarte Beschaffenheit, aus der die Klägerin Gewährleistungsansprüche herleiten kann, dokumentieren wollten." In anderen Worten: Die Klausel soll ausschließen, dass die Käuferin aus einer fehlenden Spezialausbildung Ansprüche herleiten kann. Daraus kann man nach Auffassung des OLG nicht umgekehrt folgern, dass die Parteien eine Vornutzung als Freizeitpferde rechtsverbindlich vereinbart haben.
"Rennbahnkarriere" ist nicht entscheidend für die Gesundheit eines Pferds
Aber auch einen Mangel der Eignung des Pferdes für die gewöhnliche Verwendung erkannte das Gericht nicht. "Ein solcher wäre nur gegeben, wenn die frühere Rennbeteiligung – zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs – zu mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zukünftig eintretenden körperlichen Beeinträchtigungen des Pferdes, welche die Eignung als Freizeitpferd beeinträchtigen, geführt hätte."
Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe aber herausgearbeitet, dass Einschränkungen in der Nutzbarkeit nicht eher zu erwarten seien als bei einem Pferd, das immer nur als Freizeitpferd genutzt worden sei, so das OLG. Degenerative Gelenkerkrankungen, deren Auftreten die klagende Käuferin aufgrund der früheren "Rennbahnkarriere" für sehr wahrscheinlich hielt, stünden generell in keinem Zusammenhang mit einer früheren Nutzung als Rennpferd, sondern beruhten auf Alter, Art und Qualität der Haltung des Tieres. Insofern sei bei dem mittlerweile elf Jahre alten Tier mit Veränderungen ohnehin zu rechnen.
Zum Hintergrund: Die Entscheidung erging noch zum "alten" § 434 BGB, weil der Kaufvertrag im Jahr 2021 und somit vor Inkrafttreten der Reform zum 01. Januar 2022 geschlossen wurde. Während früher ein Stufenverhältnis zwischen der Beschaffenheitsvereinbarung und den übrigen Anforderungen bestand, müssen nun subjektive Anforderungen wie beispielsweise die vereinbarte Beschaffenheit und objektive Anforderungen, z.B. die Eignung für die gewöhnliche Verwendung, kumulativ vorliegen.
Darüber hinaus hatte bereits das Landgericht zu bedenken gegeben, dass Mängelgewährleistungsansprüche gemäß § 442 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ohnehin ausgeschlossen wären. Denn die Käuferin hatte selbst vorgetragen, dass die Rennpferd-Vergangenheit aus dem Equidenpass (Identifizierungsdokument für Pferde) ersichtlich sei, also sehr einfach herauszufinden war. Unkenntnis in Folge grober Fahrlässigkeit ist in §442 BGB der Kenntnis aber gleichgestellt und schließt Ansprüche grundsätzlich aus.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
lfo/dpa/LTO-Redaktion
OLG Oldenburg zur Rückabwicklung eines Kaufvertrags: . In: Legal Tribune Online, 30.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52593 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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