OLG Nürnberg: Lebensmittel-Discounter darf CD-Box mit "100 Number 1 Hits" nicht mehr vertreiben

von plö/LTO-Redaktion

12.11.2010

Das OLG Nürnberg hat einer Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. gegen einen großen Lebensmittel-Discounter aus Nordbayern stattgegeben. Diesem wurde nun untersagt, weiterhin eine CD-Box mit "100 Number 1 Hits" zu vertreiben, ohne deutlich darauf hinzuweisen, dass es sich dabei nicht allein um Aufnahmen der ursprünglichen Chart-Hits handelt, sondern auch um so gennante Re-Recordings und Liveaufnahmen.

Bei welchen Titeln es sich um "Re-Recordings", also Neueinspielungen eines Titels aus späterer Zeit von einem oder mehreren Mitgliedern der Originalgruppe bzw. des Originalkünstlers bzw. Liveaufnahmen handelte, konnte der Kunde in der Internetwerbung überhaupt nicht und bei der CD-Box selbst erst erkennen, wenn er die verschlossene Cellophanhülle entfernt, die einzelnen CDs aus der Verpackung entnommen und auf der Rückseite der CD-Hüllen am Ende der Titelaufzählung den in englischer Sprache angebrachten Hinweis gelesen hatte.

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. sah darin ein wettbewerbswidriges Verhalten, denn die Verbraucher würden davon ausgehen, dass es sich bei allen Aufnahmen tatsächlich um Aufnahmen der ursprünglichen Hits handele, wie diese in den Charts vertreten waren. Auch ein auf der CD-Hülle angebrachter gelber Aufkleber "Original Artists. Super Qualität", der weiter unten und sehr viel kleiner den Hinweis enthielt "Einige Songs dieses Produktes wurden neu eingespielt ...", könne dieses Missverständnis nicht deutlich erkennbar ausräumen. Der Käufer bekomme also nicht die Hits, die er erwarte.

Dieser Ansicht schloss sich mit Urteil vom 26. Oktober 2010 (3 U 914/10 - nicht rechtskräftig) das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg an. Es genüge nicht, wenn lediglich Melodie, Text und Interpret (letzterer teilweise) der Hits übereinstimmten. Denn es erwarte "ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums, zu dem auch die Mitglieder des Senats gehören, dass ihm bei einer mit "Number 1 Hits" beschriebenen CD-Box auch die damals in einer der Hitlisten befindlichen (Original-) Versionen verkauft werden" – gerade darauf beruhe ja die besondere Wertschätzung der Stücke.

Dies gelte auch hier, wo der Preis mit knapp ein Euro pro CD nur sehr gering bemessen war. Denn dass Massenartikel zu "Schnäppchen"-Preisen veräußert werden, sei im Discountbereich nicht unüblich. Und auch der gelbe Aufkleber auf der Verpackung werbe lediglich in großen Lettern für "Original“ Artists" und eine angebliche "Super Qualität". Demgegenüber sei die weiter unten enthaltene Aufklärung über "Re-Recordings" und Liveaufnahmen in deutlich geringerer Schriftgröße gehalten und "nur für den Verbraucher, der keinerlei Sehschwäche hat, überhaupt noch lesbar". Das reiche jedenfalls nicht aus, um den berechtigten Vorwurf der irreführenden Werbung zu entkräften.

Zitiervorschlag

OLG Nürnberg: . In: Legal Tribune Online, 12.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1923 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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