OLG Frankfurt: Bund haftet bei über­langer War­te­zeit am Flug­hafen

03.02.2022

Obwohl zwei Frauen noch früher als empfohlen am Flughafen eintrafen, haben sie wegen langer Wartezeiten bei der Sicherheitskontrolle ihren Flug verpasst. Der Bund muss ihnen nun Schadensersatz zahlen, findet das OLG.

Bei überlangen Wartezeiten an Sicherheitskontrollen haben Flugpassagier:innen unter Umständen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Bundesrepublik. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main sprach zwei Frauen Entschädigungen für zusätzliche Tickets und Übernachtungen zu, nachdem sie ihren Fernflug am Frankfurter Flughafen verpasst hatten, obwohl sie sich an die zeitlichen Vorgaben gehalten hatten (Urt. v. 27.01.2022, Az. 1 U 220/20). Grund für die Verzögerung waren die langen Wartezeiten an den von der Bundespolizei organisierten Passagierkontrollen.

Nach Feststellung des Gerichts hatten die beiden Frauen bereits knapp drei Stunden vor dem geplanten Abflug in die Dominikanische Republik am Schalter eingecheckt und sich danach ohne vorwerfbare Verzögerungen auf den Weg zum Flugsteig gemacht – sie hätten sich lediglich noch Gebäck besorgt und die Toilette aufgesucht. Der Flughafen hatte an dem fraglichen Tag einen Check-In zwei Stunden vor Abflug empfohlen. Nach Bekanntgabe des Gates hätten sich die Passagierinnen zur Sicherheitskontrolle begeben, wo sie spätestens 90 Minuten vor Schließung des Gates ankamen. Sie mussten jedoch so lange warten, dass das Boarding ihres Flugs bereits abgeschlossen war.

Die Klägerinnen hielten der Bundespolizei vor, die von privaten Dienstleistern durchgeführten Kontrollen nicht ausreichend organisiert zu haben. Das OLG erkannte in seinem rechtskräftigen Urteil zwar keine Verletzung der Amtspflichten insbesondere zur personellen Ausstattung der Kontrollen an. Allerdings stehe den Passagierinnen ein Schadensersatzanspruch über die Grundsätze der Aufopferung bzw. wegen enteignenden Eingriffs zu. Das sei dann der Fall, wenn eine eigentlich rechtmäßige Maßnahme unmittelbar auf die Rechtsposition des Eigentümers einwirke und zu einem Sonderopfer führe, dass die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren überschreite.

Das sei hier geschehen, der staatliche Eingriff habe zu einem unzumutbaren Sonderopfer geführt. Die Frauen haben wegen langer Wartezeiten ihren Flug verpasst. Ein Fluggast müsse sich nicht auf eine beliebige Dauer einstellen, sondern dürfe sich nach den Empfehlungen des Flughafenbetreibers oder Vorgaben der Fluggesellschaft richten, erklärte das OLG. Das sie im konkreten Fall geschehen, die beiden Frauen seien rechtzeitig gemäß den Empfehlungen am Flughafen erschienen.

pdi/LTO-Redaktion

Mit Material der dpa

Zitiervorschlag

OLG Frankfurt: . In: Legal Tribune Online, 03.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47412 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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