Seit rund fünf Jahren läuft der Prozess um eine Kartellstrafe gegen Carlsberg. Im dritten Anlauf hat das OLG Düsseldorf nun entschieden: Die Brauerei muss eine Geldbuße von 50 Millionen Euro bezahlen.
Die Brauerei Carlsberg hat nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf einen Kartellverstoß begangen. Im Anschluss an das Plädoyer von Anika Schürmann, Rechtsanwältin von Carlsberg, verkündete der 6. Kartellsenat des Gerichts unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Ulrich Egger am Dienstag die Entscheidung: Das Unternehmen muss 50 Millionen Euro bezahlen (Urt. v. 02.05.2023, Az. V-6 Kart 1/20 (OWi)).
Das Gericht wertete einen Informationsaustausch zwischen mehreren Großbrauereien am Rande der Messe "Internorga" in Hamburg, auf den eine Preiserhöhung folgte, zwar nicht als verbotene Preisabsprache, erkannte aber eine kartellrechtswidrig aufeinander abgestimmte Verhaltensweise. Der damalige Geschäftsführer der Carlsberg Deutschland Holding GmbH habe das in der Besprechung erlangte Wissen genutzt, um das Marktverhalten der Brauerei auszurichten, so der Senat.
Die Generalstaatsanwaltschaft und das Bundeskartellamt (BKartA) hatten beantragt, eine Geldbuße in Höhe von 53 Millionen Euro gegen Carlsberg zu verhängen. Das Verfahren gegen den, ebenfalls beschuldigten, ehemaligen Carlsberg-Geschäftsführer war zuvor bereits eingestellt worden.
Der Prozess war eine Neuauflage, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung des OLG aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen hatte. Aufgrund einer längeren Erkrankung eines Senatsmitglieds musste die im September 2021 gestartete Hauptverhandlung vor dem OLG abgebrochen werden. Im November 2022 ging es dann noch einmal von vorne los - inklusive Wiederholung der Beweisaufnahme.
OWi-Verfahren begann schon 2013
Seinen Ursprung nahm das Kartellordnungswidrigkeitenverfahren schon Ende 2013, als das BKartA Bußgelder in Höhe von 338 Millionen Euro gegen insgesamt elf Getränkehersteller, den Brauereiverband NRW sowie 14 Manager der verfahrensbeteiligten Unternehmen verhängt hatte.
Den Ermittlungen des BKartA zufolge sollen Vertreter der Brauereien zwischen März 2007 und Juni 2009 Preisabsprachen getroffen und diese dann, zunächst bei Fassbier und später auch bei Flaschenbier, flächendeckend umgesetzt haben. Anheuser-Busch InBev lieferte dem BKartA Informationen und ging als Kronzeuge straffrei aus.
Während sich die Privat-Brauerei Ernst Barre, Bitburger, Krombacher, Veltins und Warsteiner noch vor Beginn des ersten Prozesses mit dem BKartA einigten und ihre Einsprüche gegen die Bußgeldbescheide zurückzogen, blieb Carlsberg standhaft und zog vor das OLG. Ein abgetrenntes Verfahren gegen die Kölsch-Brauereien Erzquell, Cölner und Gaffel endete mit einem Freispruch, den der BGH inzwischen bestätigt hat (Beschl. v. 21.12.2022, Az. KRB 54/22).
Wann beginnt Verjährung?
Die Strategie von Carlsberg erwies sich zunächst als erfolgreich, der 4. Kartellsenat des OLG stellte das Verfahren wegen Verjährung ein (Urt. v. 03.04.2019, Az. 4 Kart 2/16 (OWi)). Carlsberg, vertreten von Baker McKenzie sowie Wessing & Partner, musste das Bußgeld in Höhe von 62 Millionen Euro nicht bezahlen.
Der BGH wollte sich der Auslegung des OLG nicht anschließen (Beschl. v. 13.07.2020, Az. KRB 99/19). Das OLG hatte den Zeitpunkt für den Beginn der Verjährungsfrist von zehn Jahren auf den 12. März 2007 gelegt, weil Carlsberg an diesem Tag in einem Hamburger Hotel an einem Treffen inklusive kartellrechtswidrigem Austausch von Informationen teilgenommen haben soll. Nach Ansicht des BGH ist aber das Ende der Preismanipulation, den das BKartA im Juli 2009 verortet, maßgeblich für die Frage nach einer möglichen Verjährung.
Ein weiteres Kapitel im Bierkartell-Verfahren ist nach dem neuerlichen OLG-Urteil nicht ausgeschlossen. Die Verfahrensbeteiligten können gegen das Urteil Rechtsbeschwerde zum BGH einlegen.
OLG Düsseldorf verkündet Urteil gegen Carlsberg: . In: Legal Tribune Online, 02.05.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51670 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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