2/2: Höchstens eine Geldstrafe?
Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den damaligen Porsche-Aufsichtsrat zunächst auch wegen Beihilfe zur Marktmanipulation ermittelt, die Ermittlungen aber im August 2015 eingestellt. Jahn wertet das als weiteren Anhaltspunkt, dass die Ankläger einen schweren Stand haben. "Auch wenn der Aufsichtsrat nicht operativ verantwortlich ist, sondern nur als Kontrollinstanz fungiert - die Regeln sind letztlich die gleichen wie beim Vorstand", sagt Jahn.
Fest steht, dass es ein Mammutprozess wird. Das Gericht plant mit zahlreichen weiteren Verhandlungstagen bis Anfang 2016. Wieviele es am Ende werden, wird auch davon abhängen, wer neben polizeilichen Sachverständigen und Wissenschaftlern als Zeugen erscheinen wird. Die Porsche-Aufsichtsräte sollen ebenfalls kommen. Sie dürften aber wohl von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen und nicht kommen. Dem Vernehmen nach lehnt der frühere VW-Patriarch und Wiedeking-Gegenspieler Ferdinand Piëch einen Auftritt vor Gericht ab.
Wiedeking und Härter drohen hohe Geldstrafen oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Dass die früheren Porsche-Bosse jedoch tatsächlich hinter Gittern landen oder eine Bewährungsstrafe aufgebrummt bekommen, hält Jahn für so gut wie unmöglich. Die Angeklagten hätten schließlich keine kriminelle Vergangenheit, vielmehr seien sie lange Zeit Leistungsträger der Gesellschaft gewesen, und solche Aspekte würden berücksichtigt. "Sollte es überhaupt einen Schuldspruch geben, dann liefe das wohl auf eine Geldstrafe hinaus", sagt Jahn. Der frühere Finanzchef Härter wurde im Jahr 2013 bereits verurteilt - wegen Kreditbetrugs während der Übernahmeschlacht wurde ihm eine Geldstrafe von insgesamt 630.000 Euro auferlegt.
Signalwirkung für Zivilklagen
Neben dem Strafprozess gibt es eine Reihe von Zivilklagen in Niedersachsen, bei denen Hedgefonds Schadensersatz in Milliardenhöhe geltend machen. Für solche Verfahren hat der Ausgang des Stuttgarter Strafprozesses eine Signalwirkung. Denn die Börsenspekulanten mussten wegen der Berg- und Talfahrt von Porsche-Aktien während der Übernahmeschlacht herbe Schlappen hinnehmen.
Hätten Wiedeking und Härter die Börse pflichtgemäß informiert und eben nicht mit gezinkten Karten gespielt, wären diese Verluste nicht entstanden, behaupten die Zivilkläger, die insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro einfordern. Auch wenn das Stuttgarter Strafverfahren darauf formal keinen Einfluss hat, dürfte sein Ausgang von den Beteiligten der anderen Prozesse mit höchstem Interesse zur Kenntnis genommen werden.
Im Publikum saßen am Dienstag zahlreiche Anwälte der Hedgefonds und schrieben mit, was Wiedeking zu berichten hat. In Richtung dieser Anwälte sagte der 63-Jährige: "Dass gerade diese 'Spezialisten' von der Staatsanwaltschaft zu Opfern stilisiert werden, kann ich nicht nachvollziehen". Die Börsenverluste seien doch nicht seinetwegen entstanden, sondern die Hedgefonds hätten sich nun mal verzockt, argumentiert Wiedeking. "Die Hedgefonds sind mit Leerverkäufen hochspekulative Wetten gegen VW eingegangen", sagt er. "Sie haben diese Wetten im Herbst 2008 verloren".
ah/pl/dpa/LTO-Redaktion
Prozessauftakt am LG Stuttgart: . In: Legal Tribune Online, 22.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17304 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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