Es geht um Scheinarbeitsverträge für Migranten und einen Schaden von mehr als sechs Millionen Euro für das Jobcenter Bremerhaven. Ein 59 Jahre alter Mann muss sich vor dem LG Bremen wegen Sozialleistungsbetrug verantworten.
Nach dem massenhaften Sozialleistungsbetrug in Bremerhaven beginnt am Dienstag vor dem Landgericht (LG) Bremen der Prozess gegen einen 59-Jährigen. Laut Anklage soll der Mann in den Jahren 2013 bis 2016 als Vorsitzender zweier Vereine dafür gesorgt haben, dass bulgarische Zuwanderer unberechtigt Sozialleistungen bekommen haben. Dem Jobcenter Bremerhaven soll durch die Taten ein Schaden von rund 6,1 Millionen Euro entstanden sein.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten gemeinschaftlichen Betrug in 691 Fällen vor - im Zusammenwirken mit den Zuwanderern. Laut Anklage soll der 59-Jährige erfundene Arbeitsverträge ausgestellt und Frauen und Männer bei der Begründung von Scheinselbstständigkeiten unterstützt haben (Az. 5 KLs 770 Js 68235/15).
37 Verhandlungstage angesetzt
Die Ermittlungen kamen ins Rollen, weil Migranten mit den gleichen Betreuern und gefälschten Dokumenten ins Jobcenter kamen. In den Fokus rückten die Vereine "Agentur für Beschäftigung und Integration" sowie "Gesellschaft für Familie und Gender Mainstreaming", dessen damaliger Vorsitzender nun angeklagt ist.
Mit den Vorwürfen befasste sich auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft in Bremen. Der Ausschuss wollte klären, wie es zu dem Betrug kommen konnte. Demnach soll es sich um ein mit hoher krimineller Energie betriebenes System gehandelt haben. Den Zuwanderern sollen gegen Bezahlung Scheinarbeitsverträge und Scheinrechnungen ausgestellt worden sein.
Das Gremium, das über einen Zeitrahmen von mehr als einem Jahr knapp 60 Zeugen vernahm und zahlreiche Akten auswertete, bezeichnete die Zuwanderer Anfang 2018 als Täter und Opfer zugleich. Es habe sich um arme Menschen gehandelt, die meist kein Deutsch sprechen konnten und das deutsche Rechtssystem nicht verstanden. Das Bremer Landgericht hat für das Verfahren 36 weitere Verhandlungstage vorgesehen, die bis in den Juni 2021 reichen.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Prozessauftakt vor dem LG Bremen: . In: Legal Tribune Online, 13.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43081 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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