LG Braunschweig zu Verbrenner-Aus ab 2030: Kli­maklage gegen VW geschei­tert

Die nächste Klimaklage gegen einen Autobauer ist vorerst gescheitert: VW muss nicht bis 2030 mit dem Verkauf von klimaschädlichen Verbrenner-Motoren aufhören, entschied das LG Braunschweig. Doch auch hier geht es wohl noch weiter.

Volkswagen (VW) muss den Verkauf von Autos mit klimaschädlichen Verbrenner-Motoren nicht bis zum Jahr 2030 einstellen. Eine darauf gerichtete Klimaklage gegen das Unternehmen ist vor dem Landgericht (LG) Braunschweig erfolglos geblieben (Urt. v. 14.02.2023, Az. 6 O 3931/21). Geklagt hatten Klägerinnen und Kläger, die vom Greenpeace Deutschland e.V. unterstützt wurden.

Sie wollten mit der Klage insbesondere erreichen, dass es VW ab dem Jahr 2030 untersagt wird, Fahrzeuge mit klimaschädlichen Verbrenner-Motoren in den Verkehr zu bringen. Außerdem sollte der Automobilhersteller verpflichtet werden, seine CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 65 Prozent gegenüber dem Jahr 2018 zu reduzieren.

Die Klägerinnen und Kläger hatten insbesondere mit dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) argumentiert und behauptet, durch den von VW mitverursachten Klimawandel in ihrem Eigentum, ihrer Gesundheit und ihren Freiheitsrechten verletzt zu sein. VW hingegen bestritt insbesondere den behaupteten Kausalzusammenhang zwischen seinen CO2-Emissionen und dem Klimawandel und den behaupteten Rechtsgutsverletzungen.

Zulässig, aber unbegründet

Die Klage sei zwar zulässig, habe aber in der Sache keinen Erfolg, entschied nun das LG. Dieses Ergebnis hatte sich bereits nach der mündlichen Verhandlung im Januar abgezeichnet. Maßgeblich für dieses Urteil ist laut Pressemitteilung insbesondere gewesen, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) seinen sich aus den Grundrechten ergebenen Schutzpflichten gegenüber den Bürgern genügend nachgekommen sei. Die Verpflichtungen eines privatwirtschaftlich handelnden Unternehmens reichten insoweit nicht weiter.

Zudem halte sich VW an die geltenden Vorschriften. Unter Berücksichtigung dieser Umstände seien Klägerin und Kläger zur Duldung einer etwaigen Beeinträchtigung ihrer Rechtsgüter verpflichtet.

In der Sache entschied das LG damit weder, ob eine hinreichend konkrete Verletzung der klägerischen Rechtsgüter vorliegt, noch ob VW als verantwortliche Störerin im Sinne des § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anzusehen ist.

"Nur so kann die Klimakrise gebremst werden"

Der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace, Roland Hipp, einer von vier Klägern gegen VW, kündigt bereits weitere juristische Schritte an. "Das letzte Wort zu unseren Klimaklagen gegen Volkswagen wurde heute nicht gesprochen, die Entscheidung des Landgerichts ist lediglich ein Zwischenschritt. Wir planen weitere rechtliche Schritte und sind zuversichtlich, Volkswagen auch juristisch zu mehr Klimaschutz bewegen zu können. Klimaschädliche Konzerne wie Volkswagen stehen in der Verantwortung, ihren CO2 Ausstoß viel schneller zu senken und ihr fossiles Geschäftsmodell zu beenden. Nur so kann die Klimakrise gebremst werden", so Hipp.

Diese Klage reiht sich ein in viele derzeit anhängige Verfahren, die Unternehmen zu mehr Klimaschutz verpflichten sollen. So ist auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit dem gleichen Anliegen gegen den Autobauer Mercedes vor dem LG Stuttgart gescheitert, vergangene Woche zudem gegen BMW vor dem LG München I. Doch auch dort ist bereits klar: Es geht weiter in die nächsten Instanzen. Insbesondere das LG München I gab nämlich Hinweise darauf, dass sich die Rechtslage mit fortschreitender Zeit – und damit einem fortschreitenden Klimawandel - auch ändern könnte.

Ein ähnliches Verfahren unterstützt Greenpeace außerdem vor dem LG Detmold. Dort versucht ein Landwirt, der wegen des Klimawandelt bereits Ernteausfälle erlitten habe, ebenfalls VW zur Reduktion von Treibhausgasemissionen verpflichten.

Klimaklagen in Europa angekommen

Klimaklagen sind allerdings nicht nur gegen Unternehmen anhängig, auch auf dem Verwaltungsrechtsweg versuchen Umweltschützende, über die Gerichte mehr in Sachen Klimaschutz zu bewegen. So sind vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg mehrere Verfahren anhängig, die die Bundesregierung zur Aufstellung von Klimaschutzsofortprogrammen verpflichten sollen.

Auch nach ganz oben ist den Klimaklagen der Weg nicht verwehrt. Zwar scheiterten dieselben Beschwerdeführenden, die den bahnbrechenden Klimabeschluss vor dem BVerfG erstritten haben, dort bei einem zweiten Versuch. Sie wollten erreichen, dass das infolge des Beschlusses nachgebesserte Klimaschutzgesetz höchstrichterlich als noch nicht ausreichend gerügt wird. Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde allerdings nicht zur Entscheidung an - ohne Begründung. Das wollen die Beschwerdeführenden nicht auf sich beruhen lassen – und ziehen nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).

Auch dort sind Klimaklagen inzwischen angekommen. So veröffentlichte die Pressestelle des EGMR in den letzten Wochen bereits zwei Mal Zusammenfassungen, welche Klimaklagen dort gerade anhängig sind, die zeigen, dass das Thema das Straßburger Gericht beschäftigt. Eine davon ist zum Beispiel die Klage der Schweizer KlimaSeniorinnen, die am 29. März mündlich in Straßburg verhandelt werden soll.

Dass allerdings auch Klimaklagen gegen Unternehmen Erfolg haben können, zeigt besonders der Blick ins Ausland. In den Niederlanden erging im Jahr 2021 ein bahnbrechendes Urteil gegen den Ölkonzern Shell. Das Gericht verpflichtete den Konzern, den CO2-Ausstoß bis 2030 um netto 45 Prozent im Vergleich zu 2019 zu senken – ein Novum.

Gesetzgeber doch noch schneller?

Auch auf europäischer Ebene tut sich etwas. Ob der Gesetzgeber damit nicht doch schneller sein könnte als die Gerichte, zeigen Neuigkeiten vom Dienstag: Das EU-Parlament hat wohl das Aus für den Verbrenner-Motor besiegelt. Neue Autos mit Verbrenner-Motor sollen nur noch rund zwölf Jahre in der EU verkauft werden dürfen. Das EU-Parlament billigte am Dienstag in Straßburg die neuen CO2-Vorgaben, wonach in der EU ab dem Jahr 2035 nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Über die Frage, wann der Verbrenner endgültig vor dem Aus steht, wird also weiter diskutiert.

Mit Material der dpa

Zitiervorschlag

LG Braunschweig zu Verbrenner-Aus ab 2030: . In: Legal Tribune Online, 14.02.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51060 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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