LG Augsburg sieht keine Amtspflichtverletzung: Polizei fand Unfall­wagen nicht

27.11.2017

Das Unfallfahrzeug mit ihrer toten Tochter hatte die Polizei erst acht Stunden nach dem Notruf gefunden. Entschädigung gibt es für die Eltern nicht: Das LG beurteilt die Vorgänge als "nicht vorhersehbare Verkettung unglücklicher Umstände".

Nach einem nächtlichen Unfall auf der A8 von Stuttgart nach München konnten Polizeibeamten den Wagen einer 24-Jährigen nicht finden. Als das Autowrack mehr als acht Stunden später entdeckt wurde, war die Fahrerin bereits tot. Der Freistaat Bayern muss an die Eltern des Unfallopfers dafür kein Schmerzensgeld und keinen Schadensersatz zahlen. Das Landgericht (LG) Augsburg entschied am Montag, dass den Streifenbeamten vor Ort kein Vorwurf gemacht werden könne (Urt. v. 27.11.2017, Az. 34 O 1568/17).

Die 24-Jährige war im Sommer 2015 aus bis heute nicht geklärten Gründen auf der A8 bei Dasing von der Straße abgekommen. Das Auto schleuderte mehrere hundert Meter über den Grünstreifen und stürzte dann in eine Brückenböschung. Die Fahrerin starb in dem Wrack an ihren schweren Verletzungen. Bei schneller Hilfe hätte die Frau möglicherweise überleben können.

Pannenfahrzeug als vermeintlicher Unfallwagen

Ein Zeuge hatte den Unfall beobachtet und die Notrufzentrale des Polizeipräsidiums in Augsburg benachrichtigt. Daraufhin fuhren Polizisten an den ungefähren Unfallort und suchten nach dem Wagen. Sie konnten aber nichts entdeckten. Dafür fanden sie ein Pannenfahrzeug auf dem Seitenstreifen. Der Fahrer sagte den Beamten, ihm sei ständig das Licht ausgegangen, deswegen sei er rechts rangefahren.

Die Polizisten gingen daher davon aus, dass der Zeuge das Pannenfahrzeug als Unfallwagen wahrgenommen habe und ordneten den Notruf als Falschmeldung ein. Trotz einer dennoch durchgeführten Suchaktion konnten keine Hinweise auf einen Unfall gefunden werden. Am Unfallort waren beispielsweise weder die Leitplanke noch der Wildschutzzaun neben der Fahrbahn beschädigt.

In dem Zivilprozess forderten die Eltern vom Freistaat Bayern als Dienstherrn der Beamten nun Schmerzensgeld und die Bestattungskosten für ihre Tochter ersetzt, insgesamt etwas mehr als 25.000 Euro. Die Klage wies das LG Augsburg nun ab: Den Polizisten sei keine fahrlässige Amtspflichtverletzung vorzuwerfen.

LG: "Verkettung unglücklicher Umstände"

Letztlich handele es sich bei den Geschehnissen "um eine nicht vorhersehbare Verkettung unglücklicher Umstände", heißt es in der Mitteilung des Gerichts. Mit einem derart atypischen Unfallverlauf hätten die Polizeibeamten nicht rechnen müssen. In der Regel seien Unfallschäden an der Unfallstelle, wie etwa abgerissene oder beschädigte Fahrzeugteile, Schäden an Leitplanke oder Wildschutzzaun, bei erheblichen Verkehrsunfällen ersichtlich, so das Gericht.

Mangels dieser eigentlich zu erwartenden Unfallschäden erachtete das LG auch den letztlich fälschlichen Rückschluss der Polizeibeamten, dass es sich bei dem Pannenfahrzeug um das vermeintliche Unfallfahrzeug handle, nicht als Amtspflichtverletzung.

Auch der Notrufbeamte in der Polizeizentrale habe keinen fahrlässigen Fehler begangen, so das LG. Der Polizist hatte dem Anrufer gesagt, dass er weiterfahren könne und nicht vor Ort warten müsse. Das Gericht befand, der Polizist am Notruf habe berechtigt davon ausgehen dürfen, dass seine Streifenkollegen vor Ort den Unfallwagen finden würden.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LG Augsburg sieht keine Amtspflichtverletzung: . In: Legal Tribune Online, 27.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25713 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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