Fehlt der Arbeitnehmer gleich zu Beginn der Probezeit für einen Tag unentschuldigt, muss vor einer Kündigung erst abgemahnt werden. Das und wann Kündigungsfristen in der Probezeit vertraglich verkürzt werden können, hat das LAG entschieden.
Auch wenn ein Arbeitsverhältnis erst ein paar Tage besteht, muss vor einer fristlosen Kündigung zuerst eine Abmahnung ausgesprochen werden. Zudem dürfen nur Parteien eines Tarifvertrags die gesetzliche Kündigungsfrist in der Probezeit verkürzen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein mit nun veröffentlichtem Urteil entschieden. In dem Fall hatte die Arbeitnehmerin bereits am dritten Tag unentschuldigt gefehlt und war daraufhin fristlos gekündigt worden (Urt. v. 03.06.2020, Az. 1 Sa 72/20).
Der von der Arbeitnehmerin beklagte Arbeitgeber hatte diese zum 1. August 2019 eingestellt. Nachdem die klagende Frau zwei Tage gearbeitet hatte, blieb sie zwei weitere Tage vereinbarungsgemäß wegen der Kindergarteneingewöhnung ihres Sohnes der Arbeit fern. Währenddessen sprach der Arbeitgeber zunächst die ordentliche Kündigung zum 12. August aus. Daraufhin fehlte die Frau einen Tag unentschuldigt und war danach krankgeschrieben.
Der Arbeitgeber sprach in der Folge wegen des unentschuldigten Fehltags zusätzlich eine fristlose Kündigung aus. Dagegen erhob die Frau Kündigungsschutzklage auf Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist hinsichtlich der ersten, ordentlichen Kündigung.
Verkürzung der Kündigungsfrist nur per Tarifvertrag
Damit hatte sie zunächst vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Elmshorn Erfolg und nun auch vor dem LAG. Die außerordentliche Kündigung sei unwirksam, weil keine Abmahnung ausgesprochen wurde, befand auch das LAG. Es hätten nämlich keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass die Arbeitnehmerin trotz Kündigungsandrohung weiter von der Arbeit unentschuldigt ferngeblieben wäre. Zudem sei ihre Pflichtverletzung nicht derart schwerwiegend gewesen, dass eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich geworden wäre.
Zweitens stellte das LAG fest, dass ein Arbeitgeber die zweiwöchige Kündigungsfrist in der Probezeit einhalten muss und nicht vertraglich verkürzen kann. Dies stünde zwar Tarifvertragsparteien zu, aber die hätten die Möglichkeit, die Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Gegenzug dafür anderweitig angemessen zu berücksichtigen. Eine vergleichbare Parität bestehe zwischen den Parteien eines Individualarbeitsvertrags nicht.
pdi/LTO-Redaktion
LAG Schleswig-Holstein zur Probezeit: . In: Legal Tribune Online, 07.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44663 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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