"Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs": Regie­rung geht gegen Abmahn-Miss­brauch vor

15.05.2019

Die Bundesregierung sieht Handlungsbedarf im Abmahnwesen: Solche sollen künftig weniger finanzielle Anreize bieten und an strengere Voraussetzungen geknüpft werden. Deutliche Kritik dafür kommt vom DAV.

Die Bundesregierung will dem Missbrauch von Abmahnungen einen Riegel vorschieben. Wie das Kabinett am Mittwoch beschloss, sollen die finanziellen Anreize für Abmahner geringer und die Voraussetzungen für Abmahnungen höher werden. Abmahner sollen sich künftig auch nicht mehr selbst einen für sie günstigen Gerichtsort aussuchen dürfen. Damit geht die große Koalition gegen Unternehmen und Organisationen vor, die mit massenhaften Abmahnungen Geld verdienen. 

Es geht um ein Geschäftsmodell, bei dem Anwälte und Vereine nach kleinen Fehlern in Internetauftritten suchen, etwa im Impressum oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dann verschicken sie eine Abmahnung oder Aufforderung, eine Unterlassungserklärung abzugeben und können bei jedem Folgefehler abkassieren.

Nun sollen mögliche Strafen bei unerheblichen Verstößen begrenzt werden. Außerdem müssen Verbände, die abmahnen wollen, mindestens 75 Mitglieder haben und seit einem Jahr im Vereinsregister stehen. Sie müssen vom Bundesamt für Justiz überprüft und in eine Liste eingetragen werden.

DAV: Anwälte pauschal unter Missbrauchsverdacht

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) kritisierte den Vorstoß. "Es ist völlig unverständlich, warum der Gesetzgeber einerseits den Verbraucherschutz durch strenge gesetzliche Auflagen stärkt, zugleich jedoch Verstöße als Bagatellen abtut und Abmahnungen – insbesondere damit beschäftigte Anwältinnen und Anwälte – pauschal unter Missbrauchsverdacht stellt", so die Präsidentin des Deutschen Anwaltvereins, Edith Kindermann. Unternehmen ärgerten sich zu Recht, wenn sich ihre Konkurrenten Zeit und Geld sparten und gesetzlichen Anforderungen etwa bei Impressum oder Produktkennzeichnung nicht erfüllten.

Besonders kritisch sieht der DAV das Vorhaben, die Abmahnkosten von Mitbewerbern bei Rechtsverstößen (etwa gegen die DSGVO) von einer Erstattung auszuschließen. "Wer sich als Mittelständler anwaltliche Hilfe sucht, um gegen Gesetzesverstöße der Konkurrenz vorzugehen, würde damit auf eigene Gefahr handeln – mit dem Risiko, auf den Kosten der Abmahnung sitzen zu bleiben", warnte Kindermann. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dagegen sprach von einem guten Ausgleich zwischen "dem wichtigen Anliegen des Datenschutzes und dem Schutz kleiner und Kleinstunternehmen vor missbräuchlichen Abmahnungen".

Unter anderem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) muss sich gegen den Vorwurf wehren, mit Abmahnungen gezielt Geld zu machen. Nach eigenen Angaben mahnt die Umwelthilfe jede Woche etwa 30 Verstöße ab und führt rund 400 Gerichtsverfahren im Jahr. Die damit erzielten Einnahmen machten zuletzt gut ein Viertel des DUH-Haushalts aus.

dpa/acr/LTO-Redaktion

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"Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs": . In: Legal Tribune Online, 15.05.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35405 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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