EuGH zu Anerkennung als Flüchtling: Kein Asyl für Ter­ror­helfer

von Tanja Podolski

31.01.2017

Erst Pässe fälschen, mit denen islamistische Kämpfer in den Irak reisen können, dann Asyl fordern: Das geht nicht, entschied der EuGH. Schon derartige Handlungen könnten die Anerkennung als Flüchtling ausschließen.

Die Fälschung von Pässen und die Unterstützung von Freiwilligen bei Reisen in den Irak zur Vorbereitung terroristischer Handlungen können den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling rechtfertigen. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschieden (Urt. v. 31.01.2017, Az. C-573/14). Auch diese Handlungen liefen bereits den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider, so das Gericht.

Im Jahr 2006 war der marokkanische Staatsbürger Mostafa Lounani vom Tribunal correctionnel de Bruxelles (Strafgericht Brüssel) wegen Beteiligung als führendes Mitglied an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung sowie wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung, Verwendung gefälschter Urkunden und illegalen Aufenthalts zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Das Gericht befand Lounani unter anderm der "aktiven Beteiligung an der Ausschleusung Freiwilliger in den Irak" für schuldig. Insbesondere das betrügerische Überlassen von Pässen wurde als "Beteiligung an der Tätigkeit einer Zelle, die einer Terrorbewegung logistische Unterstützung leistet", eingeordnet.

Streit um Schwere der Handlung

Im Jahr 2010 beantragte der Marokkaner in Belgien Asyl. Bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland bestünde die Gefahr, nach seiner Verurteilung in Belgien von den marokkanischen Behörden als radikaler Islamist und Dschihadist eingestuft zu werden. Der Asylantrag wurde abgelehnt.

Seine Klage gegen diese Entscheidung hatte Erfolg. Das zuständige Conseil du contentieux des étrangers meinte, die konkret vorgeworfenen Tatsachen stellten keine terroristischen Straftaten als solche dar. Lounani sei wegen seiner Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden, ohne ihm die Begehung einer terroristischen Handlung oder die Beteiligung daran vorzuwerfen.

Es sei weder das geringste Ansetzen zu einer Straftatbestand erfüllenden konkreten Handlung noch ein eigenes Verhalten nachgewiesen worden, das seine persönliche Verantwortung für die Begehung einer solchen Handlung begründen könnte. Keine der Handlungen, wegen deren der Mann verurteilt wurde, habe die erforderliche Schwere, um im Sinne der Richtlinie über den Flüchtlingsstatus von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen werden.

Eigene terroristische Handlung nicht erforderlich

Das sah der Gerichtshof, dem Fragen zur Vorabentscheidung von der mit der Kassationsbeschwerde befassten Conseil dʼÉtat Fragen vorgelegt worden waren, nun anders. Zwar ginge aus den Akten weder hervor, dass Lounani persönlich terroristische Handlungen begangen habe, noch, dass er zu solchen Handlungen angestiftet habe oder daran beteiligt gewesen sei.

Der Begriff "Handlungen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen" sei jedoch nicht auf terroristische Handlungen beschränkt. Der Gerichtshof stellt insbesondere fest, dass der Sicherheitsrat in der Resolution 2178 (2014) "seiner ernsten Besorgnis über die akute und zunehmende Bedrohung, die von ausländischen terroristischen Kämpfern ausgeht", Ausdruck verliehen und seine Besorgnis in Bezug auf Netzwerke ausgedrückt habe, die von terroristischen Einrichtungen aufgebaut worden sind und über die ausländische terroristische Kämpfer und die Ressourcen zu ihrer Unterstützung zwischen den Staaten hin und her geschleust werden.

Folglich sei der Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling nicht auf diejenigen beschränkt, die tatsächlich terroristische Handlungen begehen. Er könne sich auch auf Personen erstrecken, die die Anwerbung, Organisation, Beförderung oder Ausrüstung von Personen vornehmen, die in einen Staat reisen, um insbesondere terroristische Handlungen zu begehen, zu planen oder vorzubereiten.

Die Vereinigung, für die der Marokkaner als führendes Mitglied tätig war, sei bereits seit 2002 in die Liste der Vereinten Nationen aufgenommen, die bestimmte Personen und Vereinigungen enthält, gegen die Sanktionen verhängt wurden. Seine Handlungen zur logistischen Unterstützung der Aktivitäten dieser Vereinigung hätten insofern eine internationale Dimension, als er an der Fälschung von Pässen beteiligt war und Freiwillige unterstützt habe, die sich in den Irak begeben wollten, so die Richter. Derartige Handlungen könnten den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling rechtfertigen.

Zitiervorschlag

Tanja Podolski, EuGH zu Anerkennung als Flüchtling: . In: Legal Tribune Online, 31.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21940 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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