EuGH-Schlussanträge zu Abschalteinrichtungen: Für echten Motor­schutz ja, für bloßen Wer­t­er­halt nein

30.04.2020

Eine Abschalteinrichtung darf den Motor vor unmittelbar drohenden Schäden schützen, nicht aber vor bloßem Verschleiß. Nach Auffassung der EuGH-Generalanwältin sind die im Dieselskandal verwendeten Schummel-Vorrichtungen damit unzulässig.

Laut der Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof (EuGH) Eleanor Sharpston stellt eine Vorrichtung, die bei Zulassungstests von Dieselkraftfahrzeugen einen Einfluss auf die Funktion des Emissionskontrollsystems dieser Fahrzeuge ausübt, eine unionsrechtlich verbotene "Abschalteinrichtung" dar. Das Ziel, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verzögern, rechtfertigt den Einsatz einer solchen Vorrichtung nicht, so Sharpston in ihren Schlussanträgen vom Donnerstag (Anträge v. 30.04.2020, Az. C-693/18).

Die Schlussanträge sind für die finale Entscheidung des EuGH, mit der in einigen Wochen zu rechnen ist, nicht bindend. Die Luxemburger Richter folgen ihr aber häufig. Sollte das auch in diesem Fall so sein, käme es für die Automobilbranche in ganz Europa dicke. Denn die den Gerichtsverfahren europaweit zugrunde liegenden Sachverhalte zum Dieselskandal befassen sich in aller Regel mit Abschalteinrichtungen, die den Motor nicht nur vor unmittelbar bevorstehenden Schäden schützen, sondern diesen in erster Linie vor Verschleiß bewahren und damit langlebiger machen sollen. Material- vor Umweltschutz, sozusagen - obwohl es schon technische Lösungen gibt, beide Aspekte zu vereinen. Allein: Die sind den Autobauern zu teuer.

Jedoch sind Abschalteinrichtungen grundsätzlich verboten und dürfen nur ausnahmsweise eingesetzt werden, um den Motor zu schützen. Nur wie weit ist der Begriff "Motorschutz" auszulegen? Das ist die Rechtsfrage, die sich europaweit den Gerichten stellt und die es bald vom EuGH zu klären gilt.

Sharpston positionierte sich nun eindeutig: Eine Abschaltvorrichtung darf den Motor nur vor unmittelbar drohenden beziehungsweise plötzlichen Schäden schützen. Es darf nicht darum gehen, das Material vor langfristiger Abnutzung und Wertverlust zu bewahren.

Sollte sich der EuGH dieser Auffassung anschließen, könnte es für die Branche teuer werden. Bisher stellen sich die Politik und Zulassungsbehörden in Europa nämlich auf die Seite der Autobauer, wonach Abschalteinrichtungen von der "Motorschutz-Ausnahme" erfasst sind. Entsprechend könne man die Autobauer auch nicht dazu verpflichten, nachträglich neue Technik in den Kraftfahrzeugen einzubauen, die Motor- und Umweltschutz unter einen Hut bringt. Dieses Argument wäre dahin, wenn sich die Luxemburger Richter ihrer Generalanwältin anschließen.

ms/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH-Schlussanträge zu Abschalteinrichtungen: . In: Legal Tribune Online, 30.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41471 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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