Sprachniveau B2 in Deutsch, Englisch oder Französisch – das mussten Bewerber für Verwaltungsjobs in der EU vorweisen. Warum besonders Deutsch und Französisch wichtiger sein sollen als andere Sprachen, erschließt sich dem EuGH nicht.
Nicht immer ist es gerechtfertigt, bei Bewerbungsverfahren für Stellen bei der Europäischen Union ein hohes Sprachniveau (B2) in Deutsch, Englisch oder Französisch zu verlangen. Das müsse für die spätere konkrete dienstliche Tätigkeit schon unerlässlich sein, so der Europäische Gerichtshof (EuGH). Er erklärt damit die Bekanntmachung von zwei Bewerberlisten des EPSO für nichtig (Urteile v. 16.02.2023, Az. C-623/20 P und C-635/20 P).
Das EPSO ist das Europäische Amt für Personalauswahl. Seine Aufgabe ist es, die Vorauswahl von Beschäftigten für die Europäische Union zu vereinheitlichen. Dazu erstellt es sogenannte Reservelisten von Bewerbern für bestimmte Berufsfelder. Vor dem EuGH ging es nun konkret um die Bekanntmachung von zwei Reservelisten für Beamte der Funktionsgruppe Administration, unter anderem in den Bereichen Audit, EU-Ausgaben und Korruptionsbekämpfung. Um auf diesen Listen zu landen, mussten Bewerber besondere Sprachkenntnisse vorweisen: Erstens ein Mindestniveau von C1 in einer der 24 Amtssprachen der Union, zweitens ein Mindestniveau B2 in Deutsch, Englisch oder Französisch – den nach Einschätzung des EPSO wichtigsten Arbeitssprachen in der Union.
Spanien und Frankreich machten jedoch geltend, dass die Beschränkungen hinsichtlich der zweiten Sprache auf B2-Niveau rechtswidrig seien. Sie zogen zunächst vor das Europäische Gericht (EuG), das ihnen Recht gab. Die EU-Kommission legte dagegen allerdings Rechtsmittel ein – erfolglos. Der EuGH bestätigte nun die Auffassung des EuG.
Die Luxemburger Richter betonen, dass den EU-Organen bei der Organisation ihrer Dienststellen Grenzen gesetzt seien. So müsse die Beschränkung auf ein paar Sprachen bei einem Auswahlverfahren von Bewerbern objektiv durch ein dienstliches Interesse gerechtfertigt sein sowie auf klaren und vorhersehbaren Kriterien beruhen. Das EuG habe zu Recht festgestellt, dass das hier nicht der Fall gewesen sei. Die EU-Kommission habe nicht nachgewiesen, dass zur Erreichung ihrer Ziele ausreichende Englisch-, Französisch- oder Deutschkenntnisse unerlässlich wären. Insbesondere sei nicht ersichtlich gewesen, dass Deutsch- und Französischkenntnisse wichtiger seien als andere Sprachen der Union.
Die Bekanntmachung der beiden konkreten EPSO-Auswahlverfahren sei daher nichtig, schloss der EuGH.
pdi/LTO-Redaktion
EuGH zu Sprachanforderungen bei Bewerbungsverfahren: . In: Legal Tribune Online, 16.02.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51082 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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