EuGH zum Streit um Glyphosat-Zulassung: EU-Regeln für Pflan­zen­schutz­mittel sind gültig

01.10.2019

Waren die für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln geltenden EU-Vorschriften zu lasch, um eine Genehmigung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat zu verhindern? Der EuGH hat ein eindeutiges Urteil gefällt.

Im Streit um mögliche Gesundheitsgefahren durch den Unkrautvernichter Glyphosat sieht der Europäische Gerichtshof (EuGH) die derzeitigen EU-Regeln als ausreichend an. Ein Pflanzenschutzmittel könne nur dann zugelassen werden, wenn der Antragsteller nachgewiesen habe, dass keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf den Menschen bestünden, erklärten die Luxemburger Richter am Dienstag (Urt. v. 01.10.2019, Az. C-616/17). Es gebe nichts, was die die Gültigkeit der Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln in Frage stellen könnte, so der EuGH in einer Mitteilung.

Im konkreten Fall ging es um Aktivisten in Frankreich, die sich wegen Sachbeschädigung verantworten müssen, weil sie in Geschäften Kanister eines glyphosathaltigen Unkrautvernichtungsmittels mit Farbe beschmiert hatten. Damit sollten diese unverkäuflich gemacht werden. Das französische Gericht war der Auffassung, dass die Ungültigkeit der Pflanzenschutzmittelverordnung die Tatbestandsmerkmale der den Beschuldigten zur Last gelegten Straftat neutralisieren könnte. Die französischen Richter wollten daher vom Gerichtshof wissen, ob die Verordnung mit dem Vorsorgeprinzip vereinbar ist und ausreichend Schutz für Bevölkerung und Umwelt gewährleistet.

Dies sei der Fall, erklärten die EuGH-Richter nun. Entgegen den Befürchtungen des vorlegenden Gerichts erfassten die Zulassungsverfahren nicht nur eine Beurteilung der in dem Mittel enthaltenen Wirkstoffe, sondern umfassten auch die Kumulationseffekte dieser Stoffe sowie ihre kumulierten Effekte mit anderen Bestandteilen dieses Pflanzenschutzmittels so der EuGH. Dadurch werde im Ergebnis auch ein möglicher "Cocktaileffekt" des Mittels ausreichend beurteilt.

EuGH: Behörden müssen aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigen

Bei einem Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels sei es Aufgabe der Behörden zu prüfen, ob die von den Unternehmen vorgelegten Analysen und Studien über das Mittel eine Gefahr ausschließen. Dabei sollten die neuesten Ergebnisse internationaler Forschung berücksichtigt werden - und nicht den vom jeweiligen Antragsteller vorgelegten Studien automatisch ein höheres Gewicht beigemessen werden. Bereits Generalanwältin Eleanor Sharpston kam in ihren Schlussanträgen zu dem Ergebnis, dass das europäische Zulassungssystem für Pflanzenschutzmittel "solide" ist.

Glyphosat war 2017 in der EU nach langem Streit für weitere fünf Jahre zugelassen worden. Der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) stimmte im Alleingang dafür, obwohl die damalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) dagegen war.

Er löste damit einen Koalitionskrach aus. Die Lebensmittelbehörde Efsa und die europäische Chemikalienagentur Echa waren zu dem Schluss gekommen, dass verfügbare wissenschaftliche Erkenntnisse nicht ausreichten, um das breit eingesetzte Mittel als krebserregend einzustufen. Der Hersteller - die Bayer-Tochter Monsanto - gibt an, bei vorschriftsgemäßer Anwendung seien die Produkte ungefährlich.

Von Umweltschützern wird die Aussagekraft der zugrundeliegenden Studien angezweifelt. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation stuft Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" für den Menschen ein.

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zum Streit um Glyphosat-Zulassung: . In: Legal Tribune Online, 01.10.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37943 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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