Die Klage der Lufthansa gegen bewilligte Beihilfen an Frankfurt-Hahn ist voraussichtlich unzulässig. Der Generalanwalt sieht keine individuelle Betroffenheit. Ein Vergleich mit den anderen Wettbewerbern reiche dafür nicht aus.
Im Rechtsstreit um staatliche Beihilfen für den Flughafen Frankfurt-Hahn droht der Lufthansa eine Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der zuständige Generalanwalt Szpunar schlägt in seinem Schlussgutachten vom Dienstag vor, die von ihm untersuchten Punkte der von Lufthansa vorgebrachten Rechtsmittel zurückzuweisen. Er sieht keine individuelle Betroffenheit der Lufthansa (Rs. C-453/19 P).
Bei dem Rechtsstreit geht es um staatliche Beihilfen von Deutschland in Höhe von fast 50 Millionen Euro, die in den Jahren 2001 bis 2012 an die Flughafen Hahn GmbH gezahlt worden waren, sowie um einen Vertrag mit dem Billigflieger Ryanair über Flughafenentgelte. Der Flughafen in Rheinland-Pfalz liegt rund 125 Kilometer westlich von Frankfurt am Main, heißt aber aus Marketinggründen Flughafen Frankfurt-Hahn.
Die Lufthansa hatte gegen einen Beschluss der EU-Kommission von 2014 geklagt. Brüssel hatte darin Zahlungen des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport sowie der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen an den Airport Hahn gebilligt. Fraport und die beiden Länder waren damals die Gesellschafter des Hunsrück-Flughafens. Heute gehört er zu 82,5 Prozent dem chinesischen Konzern HNA und zu 17,5 Prozent dem Land Hessen.
Das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg (EuG) wies im April 2019 als erste Instanz die Klage als unzulässig ab. Die Richter befanden, die Lufthansa, die im Gegensatz zu Konkurrent Ryanair nicht vom Airport Hahn abhebe, habe in diesem Fall keine so starke Beeinträchtigung ihres Geschäfts dargelegt, als dass die Voraussetzungen der unmittelbaren und individuellen Betroffenheit gegeben seien. Lufthansa legte gegen dieses Urteil Rechtsmittel vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein.
Wann ist eine Beeinträchtigung "spürbar"?
Auf Wunsch des EuGH untersuchte Generalanwalt Maciej Szpunar in seinen Schlussanträgen nur drei einzelne Teile der von Lufthansa vorgebrachten Rechtsmittel - nämlich diejenigen, die sich auf die Beurteilung der individuellen Betroffenheit (Art. 263 Abs. 4 AEUV) von Lufthansa beziehen. Der Generalanwalt schlägt nun vor, diese Punkte zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass eine spürbare Beeinträchtigung der Lufthansa, die Voraussetzung für die individuelle Betroffenheit sei, nicht gegeben ist. Dabei verweist er jedoch darauf, dass der Gerichtshof im Gegensatz zum EuG diesbezüglich flexibler sei. Das EuG verlange, dass der Wettbewerber die "Besonderheit" seiner Wettbewerbsstellung darlegt. Er müsse dazu stärker von der Beihilfenzahlung betroffen sein, als die anderen Wettbewerber. Das sei jedoch nicht mit der Rechtsprechung des EuGH vereinbar. Es gehe nicht darum, die Stellung der Wettbewerber zu vergleichen. Die spürbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung betreffe nur den klagenden Wettbewerber selber und ist anhand seiner Marktstellung vor der Durchführung der Maßnahme, die Gegenstand des Beschlusses ist, zu beurteilen. Eine spürbare Beeinträchtigung der Lufthansa sei nach diesem Kriterium nicht anzunehmen.
Zum einen weil die Lufthansa in ihrer Eigenschaft als Minderheitsgesellschafterin von Fraport nicht darlegen konnte, inwiefern sie sich finanziell an der Durchführung des Kommissionsbeschlusses beteiligt hat. Eine individuelle Betroffenheit aus diesem Grund komme daher nicht in Betracht. Außerdem sei nicht erkennbar, dass die Lufthansa in der Bedienung ihrer Flugverbindungen durch die Beihilfengewährung derart beeinträchtigt ist, dass sie spürbar ist.
pdi/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
Beihilfenzahlung an Flughafen Frankfurt-Hahn: . In: Legal Tribune Online, 27.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43227 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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