In Südfrankreich dürfen Drosseln weiterhin mit Leimruten gejagt werden, wenn die traditionelle Methode für die Regionen "kulturell wichtig" ist. Zu viele andere Vögel dürften aber nicht als Beifang leiden, so die Generalanwältin am EuGH.
Die in Südfrankreich erlaubte Leimrutenjagd auf Drosseln und Amseln ist mit dem EU-Recht vereinbar, wenn ihr ein "erhebliches kulturelles Gewicht" zukommt, heißt es in den am Donnerstag veröffentlichten Schlussanträgen der zuständigen Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof (EuGH). Neben weiteren Voraussetzungen für die Ausnahmegenehmigung müsse insbesondere der Beifang anderer Vögel durch diese Jagdmethode "hinnehmbar" sein (Urt. v. 19.11.2020, Rechtssache C-900/19).
Die Jagd auf Vögel mit Leimruten war früher in manchen europäischen Ländern weit verbreitet. Der Jagende beschmiert dabei zum Beispiel einen Ast mit einem kleberigen Material, den er in einem Baum oder Busch versteckt. Vögel, die mit der Leimrute in Berührung kommen, verkleben sich mit ihren Federn, fallen zu Boden und werden dort eingesammelt. Die EU hat diese Jagdmethode grundsätzlich verboten.
In fünf südfranzösischen Regionen, unter anderem Var und Vacluse, durften aber mit einer Ausnahmegenehmigung auf diese Weise weiterhin Drosseln und Amseln gejagt werden - bis zwei Tierschutzvereinigungen dagegen vorgingen. Ihrer Ansicht nach sind Leimruten nicht nur grausam, sondern führten auch dazu, dass andere Vogelarten in nicht unerheblichen Maße als "Beifang" mitleiden müssen. Der EuGH hat nun zu klären, ob die Leimrutenjagd mit der EU-Vogelschutzrichtlinie vereinbar ist. Danach können die Mitgliedstaaten von dem grundsätzlichen Verbot abweichen, wenn Vögel nur selektiv, in geringen Mengen und streng überwacht gefangen werden, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt.
Nach Auffassung der zuständigen Generalanwältin kann die Leimrutenjagd in den südfranzösischen Regionen jedenfalls weitergehen, wenn die örtlichen Behörden der "regional verbreiteten traditionellen Jagdmethode ein erhebliches kulturelles Gewicht" beimessen. Dies gilt aber nur solange, wie es aus wissenschaftlicher Sicht hinnehmbar sei, dass ungewollt auch andere Vogelarten gefangen werden würden. Eine Entscheidung des EuGH wird ein einigen Wochen erwartet.
mgö/LTO-Redaktion
EuGH-Schlussanträge zum Vogelschutz: . In: Legal Tribune Online, 19.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43479 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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