EuGH zur öffentlichen Bekanntmachung: Wie man Insu­laner (nicht) richtig infor­miert

07.11.2019

Die Öffentlichkeit muss nach EU-Recht über Bauvorhaben effektiv informiert werden, damit sich Betroffene im Vorfeld einbringen können. In Griechenland verwechselte man offenbar zwei Inseln - und wurde den Anforderungen so nicht gerecht.

Behörden müssen die Öffentlichkeit an umwelterheblichen Fragen von Bauprojekten effektiv beteiligen. Dies umfasst auch die Pflicht, geeignete Informationskanäle zu nutzen, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag. Nationale Regelungen, die Rechtsbehelfe gegen anschließende Genehmigungen ausschließen, sind mit dem Unionsrecht unvereinbar, wenn das Erfordernis der öffentlichen Bekanntmachung nicht beachtet wurde (Urt. v. 07.11.2019, Az. C-280/18).

Der Entscheidung zugrunde liegt ein Fall auf der Insel Ios im ägäischen Meer, gelegen zwischen dem griechischen Festland, der Insel Kreta und der Türkei. Mehrere Grundstückseigentümer dort staunten nicht schlecht, als in ihrer Nachbarschaft auf einmal Bagger anrückten. Es sollte ein neues Gebiet erschlossen werden, um neue Hotels für den Tourismus zu bauen. Die zuständige Behörde hatte das Vorhaben genehmigt, sofern die Umweltauflagen eingehalten werden.

Im Vorfeld solcher behördlichen Entscheidungen steht es den von einem Projekt Betroffenen grundsätzlich frei, sich an der sogenannten Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu beteiligen. Wie in Deutschland und anderen europäischen Ländern auch, können die Betroffenen in Griechenland nach nationalem Recht Klage gegen das jeweilige Bauprojekt erheben, wenn sie eine bestimmte Frist einhalten. Als es keinen (juristischen) Widerstand gab, erfolgte der Startschuss für die erste Bauphase.

Behörde informierte über Bauprojekt - leider nur auf einer andereren Insel

Das nur auf den ersten Blick mangelnde Interesse der vom Bauprojekt betroffenen Insulaner auf Ios verwundert allerdings nicht, wenn man weiß, wie die griechiche Behörde im Vorfeld über das Bauvorhaben informiert hatte. Die Aufforderung, sich im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung zu beteiligen, erfolgte nämlich nur in der Lokalzeitung der benachbarten Insel Syros sowie in den Büroräumen der dortigen Regionalverwaltung. Ungünstig: Die beiden Inseln trennen 55 Seemeilen, umgerechnet also rund 100 Kilometer voneinander. Es besteht nicht einmal eine tägliche Schiffsverbindung zwischen ihnen. Die zuständige Behörde veröffentlichte ihre Entscheidung, das Bauprojekt auf Ios zu genehmigen, erst dann auf ihrer Webseite, als sie diese schon getroffen hatte.

Als sich die die betroffenen Eigentümer der Gemeinde auf Ios sowie drei Umweltschutzverbände gegen das Vorhaben mittels Klage gerichtlich wehren wollten, hielt man ihnen entgegen, dass die entsprechenden Fristen schon verstrichen seien – sowohl die, sich an dem Vorhaben zu beteiligen, als auch die, sich gegen die Genehmigung zu wehren. Das griechische Gericht legte dem EuGH schließlich die Frage vor, ob die europäische Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung mit solchen nationalen Regelungen, wie sie in Griechenland ausgestaltet sind, vereinbar ist.

Der EuGH stellte daraufhin zunächst allgemein fest, dass sich die zuständigen Behörden vergewissern müssen, dass ihre Informationskanäle auch dazu geeignet sind, die betroffenen Bürger zu erreichen. Denn nur so hätten sie die Chance, sich über geplante Tätigkeiten und Beteiligungsmöglichketen zu informieren. In diesem Fall aus Griechenland habe man eindeutig ungeeignete Mittel gewählt.

Darüber hinaus bemängelten die Luxemburger Richter aber auch die Bekanntmachung der getroffenen Entscheidung über das Bauprojekt im Internet. Es sei mit der Richtlinie nämlich unvereinbar, eine Rechtsbehelfsfrist überhaupt beginnen zu lassen, wenn zuvor nicht einmal angemessen über das Genehmigungsverfahren informiert worden ist.

mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zur öffentlichen Bekanntmachung: . In: Legal Tribune Online, 07.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38591 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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