Videokonferenzen erleben angesichts der Coronakrise ein beeindruckendes Hoch, auch in der Justiz. In Singapur wurde nun ein Mann per Videoschalte zum Tode verurteilt. Menschenrechtsorganisationen protestieren.
In Singapur steht auf Drogenhandel die Todesstrafe. Als Drogenhändler gilt, wer mehr als 15 Gramm Heroin, 30 Gramm Kokain oder 500 Gramm Cannabis bei sich hat. Der Staat ist bekannt für seine scharfen Strafen, hält aber trotz weltweiter Kritik insbesondere hinsichtlich der Todesstrafe an seiner harten Sanktionspolitik fest.
Nun handelte sich Singapur erneut die Kritik der Menschenrechtsorganisationen ein. Ein dortiges Gericht verurteilte einen 37-Jährigen zum Tode. Dem Malaysier Punithan Genasan wird Drogenhandel vorgeworfen. Die Strafe: Tod durch Erhängen. Das Ungewöhnliche daran: Das Urteil erfolgte in einer Videokonferenz über die Plattform Zoom.
In Singapur herrscht derzeit ein strenger Lockdown wegen der Coronakrise. Dementsprechend sind auch Gerichtstermine ausgesetzt. Nur dringende Verhandlungen sollen noch stattfinden. Die Regelungen gelten vorerst noch bis zum 1. Juni 2020. So lange konnte man aber mit der Verkündung des Todesurteils offenbar nicht mehr warten. Es war "eine Entscheidung im Sinne der Sicherheit aller Beteiligten", sagte eine Sprecherin des Gerichts, wie die Agentur Reuters berichtete.
Menschenrechtsorganisationen: "Unmenschliches Verhalten"
Menschenrechtsorganisationen kritisieren diese Vorgehensweise als "unmenschliches Verhalten". Phil Robertson, stellvertretender Direktor der Human Rights Watch Abteilung für Asien, äußerte große Besorgnis hinsichtlich der eiligen Verurteilung über Zoom. Bereits vor einigen Wochen kam es zur Verurteilung zum Tode eines Mannes in Nigeria über Zoom.
Der Anwalt des zum Tode verurteilten Mannes in Singapur kündigte an, Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen. Allerdings nicht wegen der Urteilsverkündung, wie Reuters berichtet. Der Richter sei über Zoom "laut und deutlich" zu verstehen gewesen. Der Verteidiger bezeichnet hingegen Teile des Verfahrens als unfair, das noch vor dem Lockdown auf übliche Weise begonnnen hatte.
ast/LTO-Redaktion
Gerichtsverfahren in der Coronakrise: . In: Legal Tribune Online, 20.05.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41682 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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