Vor dem EuGH: Ungarn wehrt sich ver­ge­bens gegen Rechts­staat­lich­keits­ver­fahren

04.06.2021

Das Europäische Parlament betreibt ein Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Ungarn. Hier soll festgestellt werden, dass von Ungarn eine Gefährdung für die EU-Grundwerte ausgeht. Gestoppt hat der EuGH das Verfahren nicht.

Ungarn ist mit einer Klage gegen das laufende EU-Verfahren zu Vorwürfen um schwerwiegende Grundwerteverstöße gescheitert. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte, dass die Entscheidung des Europäischen Parlaments zu dem Verfahren gegen Ungarn aus dem Jahr 2018 rechtmäßig war (Urt. v. 03.06.2021, Az. C-650/18).

Die Regierung in Budapest hatte die Rechtmäßigkeit angezweifelt und klagte deshalb vor dem EuGH in Luxemburg. Mit dem Verfahren nach Art. 263 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) begehrte Ungarn die Nichtigerklärung der Entschließung des Europäischen Parlaments durch den EuGH. Konkret stellte sich Ungarn auf den Standpunkt, dass bei der Berechnung des Abstimmungsergebnisses zu der Entscheidung auch die Enthaltungen hätten berücksichtigt werden müssen. Dann wäre der Beschluss nämlich so nicht zustande gekommen. Der Gerichtshof wies diese Auffassung nun allerdings zurück. Nach Ansicht des EuGH ist Art. 354 Abs. 4 AEUV so auszulegen, dass die Enthaltungen von Abgeordneten nicht für die Feststellung zählen, ob die in erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erreicht ist. Die fragliche Entschließung war mit 448 Ja- und 197 Nein-Stimmen bei 48 Enthaltungen angenommen worden.

Mit dem laufenden Verfahren nach Art. 7 Abs. 1 des EU-Vertrags (EUV) soll die ungarische Regierung dazu bewegt werden, die Unabhängigkeit der Justiz und die Meinungsfreiheit zu gewährleisten. Auch sind unter anderem Minderheitenrechte und die Situation von Migranten und Flüchtlingen ein Thema.

Theoretisch könnte das Rechtsstaatlichkeitsverfahren mit einem Entzug von Stimmrechten für Ungarn im Ministerrat enden. Dies gilt allerdings derzeit als höchst unwahrscheinlich, da es im zuständigen EU-Ministerrat große Abstimmungshürden gibt und bislang noch nicht festgestellt wurde, dass in Ungarn die "eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung" von EU-Werten besteht. Die ungarische Regierung bewertet die Vorwürfe indes als haltlos.

jb/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

Vor dem EuGH: . In: Legal Tribune Online, 04.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45120 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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